Polizei schützt Genmais vor Gegnern

Gentech-GegnerInnen hatten zum „Tanz in den Mais“ in einem brandenburgischen Dorf aufgerufen – und wurden gestoppt. Politik und Verbände streiten über Sinn und Unsinn der Aktion. Deren Initiator freut sich über die Aufmerksamkeit

AUS HOHENSTEIN ULRICH SCHULTE

Sage niemand, die brandenburgische Polizei gebe nicht auf das örtliche Getreide Acht. Mehrere Hundertschaften samt Räumpanzer und Hubschrauber bewahrten gestern ein Maisfeld davor, umgegraben zu werden.

Rund 300 DemonstrantInnen waren zum „Tanz in den Mais“ nach Hohenstein gekommen, in ein Dorf, gut 30 Kilometer östlich von Berlin. Auf einem 50 Hektar großen Feld des Landwirts Jörg Piprek wächst hier gentechnisch veränderter Mais.

Er wächst immer noch. Ihr Ziel, das öffentliche Platttrampeln mit vorheriger Ansage, haben die Aktivisten nicht erreicht. Weiträumig hatte die Polizei das Gelände abgesperrt. Am Nachmittag fanden wahre Treibjagden auf DemonstrantInnen statt, die sich dem Feld nähern wollten. Eine Frau wurde von einem Polizeihund gebissen.

Die Aktion, die der 33-jährige Agraringenieur Michael Grolm initiiert hat, stellt ein Novum dar. Zwar hatten Gentechnik-GegnerInnen schon mehrmals Maispflanzungen umgegraben – immer jedoch in geheimer Mission. Grolm dagegen hatte die Verwüstung in aller Öffentlichkeit geplant. Er suchte in Anzeigen und im Internet unter www.gendreck-weg.de UnterstützerInnen und lud selbst die Polizei ein. „Mit unserem zivilen Ungehorsam greifen wir die Meinung der Mehrheit der Menschen auf“, sagte Grolm gestern. Laut Umfragen lehnen zwei Drittel aller Deutschen genveränderte Produkte ab.

Schon am Samstag hatten die Gentech-GegnerInnen den gewaltfreien Widerstand geprobt und mit Bauer Piprek auf einer Podiumsveranstaltung debattiert. Die Auflagen der Polizei waren streng. Die DemonstrantInnen durften sich dem Feld gestern nur bis auf 250 Meter nähern. Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm hatte zuvor gedroht, für jeden Naturschützer einen Polizisten zu entsenden. Der CDU-Hardliner hielt Wort. Grolm zeigte sich erfreut: „Durch das große Aufgebot machen wir auf den Skandal aufmerksam, dass bei der Gentechnik vollendete Tatsachen geschaffen werden.“

Bereits in den Tagen zuvor hatte Hohenstein Politik und Verbände beschäftigt. Die grüne Verbaucherschutzministerin Renate Künast geißelte das Umgraben als „Unsinn“. Derlei würde unterbleiben, wenn die Opposition endliche aufhöre, den Menschen Gentechnik aufzwingen zu wollen. CDU-Genfachmann Helmut Heiderich ätzte zurück, die Gentechnik sei kein Risiko.

Der Umweltverband BUND und mehrere kirchliche Organisationen teilen zwar viele Ansichten der DemonstrantInnen, lehnen jedoch die Zerstörung von Feldern ab. Es sei stattdessen notwendig, die LandwirtInnen durch Argumente zu überzeugen, sagte ein BUND-Sprecher.

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