piwik no script img

Archiv-Artikel

Der große Leber-Käse

TRANSPLANTATIONEN Auch in Hamburg wurde ein Patient bei der Organvergabe regelwidrig bevorzugt. Nur ein Kommunikationsproblem? Der Prüfbericht bleibt geheim

Von HH

BERLIN taz | Auch am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) hat es einen Verstoß gegen die Richtlinien der Bundesärztekammer zur Vergabe von Spenderorganen gegeben. Mitarbeiter der Klinik für Transplantationschirurgie hatten Anfang 2009 Daten über eine von ihnen zuvor „gesplittete“ Leber fehlerhaft an die Stiftung Eurotransplant übermittelt. Daraufhin ging das Teilorgan nicht an einen Wartelisten-Patienten, sondern verblieb regelwidrig in Hamburg und wurde einem dortigen Patienten transplantiert.

Nach Angaben des Medizinischen Direktors von Eurotransplant, Axel Rahmel, wurde der Vorfall von der zuständigen Prüfungskommission bei der Bundesärztekammer später zwar als Verstoß gegen die Richtlinien gewertet. Berufs- oder strafrechtliche Konsequenzen hatte der Fall nach Informationen der taz indes nicht. Die Ärztekammer Hamburg und das UKE bestätigten, den Fall gemeinsam mit der Bundesärztekammer geprüft zu haben. Von Vorsatz oder gar betrügerischer Absicht könne keine Rede sein. Stattdessen: „Das UKE kam nach Überprüfung und unter Berücksichtigung der Beurteilungen der beiden Ärztekammern zu dem Ergebnis, dass es sich um ein Kommunikationsproblem zwischen dem Transplantationszentrum und Eurotransplant handelte“, teilte eine UKE-Sprecherin mit. Die Klinik-Mitarbeiter seien daraufhin geschult worden, damit solche Pannen sich nicht wiederholten.

In dem Telefongespräch, in dem Hamburg Eurotransplant mitteilen sollte, ob die Spenderleber symmetrisch oder asymmetrisch geteilt worden sei – dieser Unterschied hat erhebliche Auswirkungen auf die Organvergabe – sei es „zu einer Verwechslung von Begrifflichkeiten“ gekommen, so das UKE. Transplantationsexperten zufolge existieren in diesem Fachgebiet der Chirurgie allerdings überhaupt keine verwechselbaren Termini. Nähere Angaben, etwa eine Offenlegung des Berichts der Prüfungskommission, lehnt die Bundesärztekammer ab. Ihr Präsident Frank Ulrich Montgomery hatte erst vorige Woche vor dem Hintergrund der Transplantationsskandale von Göttingen und Regensburg für die Zukunft „Transparenz“ versprochen.

Die Hamburger Transplantationschirurgie unter Leitung des Klinikdirektors Björn Nashan gilt neben Essen und Tübingen als eines der ehrgeizigsten Lebersplit- und Transplantationszentren Deutschlands. 2011 wurden hier 80 Lebern transplantiert. HH ➤ Schwerpunkt SEITE 3