: Kämpferische Wurzeln
UMSONST & DRAUSSEN Große Namen sind nicht so wichtig: Zum 34. Mal findet am Wochenende das unkommerzielle Wutzrock-Festival am Allermöher Eichbaumsee statt. Das hat sich seinen alternativen Charme erhalten, weil es nicht von seinen Grundsätzen abgewichen ist
VON ROBERT MATTHIES
Vielleicht hat es mit den kämpferischen Wurzeln zu tun, dass das Bergedorfer Wutzrock trotz seines für ein Festival seiner Gattung beachtlichen Alters von 34 Jahren immer noch jedes Jahr ein paar mehr Menschen auf jene im Laufe der Jahre lieb gewonnene Wiese am Allermöher Eichbaumsee locken kann, auf die man die „Schmuddelkinder“ einst verbannte, auf dass sie niemanden ernstlich stören.
Und es mag daran liegen, dass es längst um einiges älter ist als sein durchschnittlicher Besucher, dass manch junger Festivalgast letztes Jahr nicht nur über all die merkwürdigen Frisuren staunen musste, die er im kleinen Museum der Protestkultur, der Jugendszenen, der Musikgeschichte und der Kultur des Feierns auf all den Fotos aus über 30 Jahren bewegter Festivalgeschichte sehen konnte. Sondern auch darüber, was da eigentlich damals gefeiert wurde.
Denn ersonnen wurde das so würdevoll gealterte „Umsonst und draußen“-Festival 1978 als lautstarke Forderung nach einem autonomen Jugendzentrum. Und die ging den Verantwortlichen im Rathaus schließlich dermaßen auf die Nerven, dass sie der Forderung nach ein paar Jahren nachkamen. Die Bergedorfer Jugend aber hat das – anders als damals vielleicht erhofft – nicht davon abhalten können, bis heute jedes Jahr weiter zu wutzrocken.
Mittlerweile finden sich vor zwei Bühnen jedes Jahr rund 15.000 Besucher_innen ein, man verfügt über ein funktionierendes Pfandsystem und ist stolz, dass auch mal illustre, international bekannte Bands vorbeischauen. Unter anderem sind dieses Jahr Tito & Tarantula zu hören, außerdem die 17 Hippies, I-Fire und die Skatoons. Große Namen stehen hier aber bis heute nicht im Vordergrund. Denn neben Musik und der Lage direkt am Badestrand hat das Wutzrock noch mehr zu bieten: ein Kinderfest, Poetry Slam, ein Polit-Zelt mit Infos, eine Feuershow, ein Federballturnier – und das legendäre Sackhüpfen.
Dass das Festival sich dabei bis heute seinen kämpferisch-alternativen Charme erhalten hat, liegt aber vor allem daran, dass von den zentralen Grundsätzen nicht abgewichen wird. Immer noch versteht man sich als Festival der Gegensätze, möchte bunt, leise und laut, jung und alt, antifaschistisch und trotz Unkommerzialität professionell sein. Noch immer keinen Cent muss berappen, wer sein Zelt auf den Wiesen aufbaut, den Bands lauscht oder sein Auto parkt. Möglich wird das durch die Leidenschaft eines gemeinnützigen Vereins, das unermüdliche Ehrenamt unzähliger Helfer_innen – und durch Musiker_innen, die wissen, dass ihr Engagement für ein unkommerzielles Festival unbezahlbar ist.
■ Fr, 17. 8. bis So, 19. 8., Eichbaumsee in Allermöhe, www.wutzrock.de