: Später Filmeraten
UNTER NERDS Bei 40 Teams unter die Top Ten zu kommen, das ist kein leichtes Ziel beim „Ersten Berliner Filmtablequiz“ im SO 36
Denk dir eine Konzerthalle voller Bierbänke und Tische und an diesen Tischen Leute, die Gruppen mit meist lustigen Namen bilden. Vor jeder Gruppe liegt ein Zettel (nur einer pro Gruppe), alle Augen sind auf die Leinwand oder wahlweise auf den Moderator gerichtet, der mit Handmikrofon auf und ab durch den Saal schlendert. Ein etwa Enddreißiger mit Hornbrille und dem Charme eines Eckart von Hirschhausen. Das ist in diesem Zusammenhang mal positiv gemeint.
Klingt nach Bingo? Ist aber das „Erste Berliner Filmtablequiz“, das an diesem lauen Mittwochabend bereits zum 31. Mal stattfindet. Mitten im Kiez, im SO 36. Um die 40 Teams haben sich gebildet, die Luft im Saal ist schnell verbraucht, es riecht nach Schweiß und dem von allen reichlich mitgebrachten Proviant an Knabbereien, und mehr als ein paar Raucherpausen gibt es nicht. Es gibt Programm. Fünf Blöcke, also fünf Blätter mit Fragen, alle rund ums Kino. Am Ende winken Preise – aber deswegen, ein paar DVD-Boxen, Filmplakate, Werbekram des Sponsors Zitty, sitzt man hier nicht.
Man sitzt wegen dem Wettbewerb hier, allein unter Filmnerds, ich habe sogar meinen Berlinale-Beutel dabei, in Sachen europäischer Film der sechziger Jahre macht mir so schnell keiner was vor, und im Team sind zwei studierte Filmwissenschaftler. Es kann losgehen.
Es folgen Bildausschnitte, Filmschnipsel, Geschichtchen und Fragen. Anne Hathaway in „The Dark Knight Rises“, was klaut sie? Oje, nicht gesehen. Wer war noch mal Ernest Borgnine? Wer zu Hölle ist eigentlich Christopher Lee? Das Team „Ein Tisch namens Wanda“ liegt nach dem ersten Block auf einem 15. Platz, das ist okay. Ziel sind die Top Ten. Mehr ist bei der allgemeinen Nerddichte im Raum nicht drin. „Magnolien aus Stuhl“ sind schnell nicht mehr erreichbar.
Der Moderator nennt sich Rex Kramer, und wer weiß, vielleicht heißt er auch wirklich so, wie die Figur aus „Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug“. Komödie, Zucker-Brüder, Vorläufer der „Nackten Kanone“. Schnell wird klar: Es geht sehr hollywoodlastig zu. Kramer, der sich die Fragen alle wohl selbst ausdenkt und am heutigen Abend von zwei, drei fleißigen Drohnen unterstützt wird, die die Punkte zählen und den Laptop bedienen, fühlt sich in der großen, weiten Welt des Popcornkinos zu Hause. Hat aber auch eine Leidenschaft für New Hollywood, also dem etwas experimentellerem amerikanischen Kino der siebziger Jahre. Aber ach, „Die drei Musketiere“ von Richard Lester? „Das schwarze Loch“? Sorry, vergessene Filme. Obwohl ich sie tatsächlich mal gesehen habe – als ungefähr Dreizehnjähriger. Da lief die Lester-Reihe im Sonntagsnachmittagsprogramm, und „Das schwarze Loch“ durfte ich mal mitgucken. Mein Vater war Science-Fiction-Fan.
Platz 9 zur Halbzeit – sehr gut! Dann leider völliges Versagen beim Zitateraten. Kann auch nicht durch unglaubliches Wissen des Teams beim Tonspurhören wettgemacht werden. Am Ende steht Platz 11, und das Team „Nobody’s Perfect“ hat gewonnen. Haha.
Das Filmtablequiz findet auch in Hannover und Hamburg statt; das nächste in Berlin gibt es erst im Oktober. Sehr schade. Könnte ich öfter spielen. RENÉ HAMANN