berliner szenen
: Warten mit Gute-Laune-Musik

Handeln, nicht nur reagieren“, steht an den Teebeuteln dran, Sorte Lebensfreude, die meine Freundin heimlich in meinen Rucksack gesteckt hatte. „Okay, verstanden.“ Statt in Panik zu geraten, rufe ich wegen meinen Rückenschmerzen beim Ärztlichen Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin an.

In der Warteschleife hängend, messe ich nochmals meine Temperatur: kein Fieber. Ich habe auch keine Halsschmerzen, keinen Husten, keinen Schnupfen. Ich hatte keinen Kontakt mit auf Coronavirus positiv getesteten Menschen und war in keinem Risikogebiet unterwegs. Rücken- und Brustschmerzen habe ich, und die Rezeptionistin meiner Hausärztin hatte mir am Telefon klargemacht, dass sie mich in der Praxis nicht sehen wollen. Sie hat das nicht so formuliert, so kam es aber aufgrund ihres Tonfalls bei mir an.

„Was soll ich denn machen?“, fragte ich meine Freundin, die gerade Liebeskummer hatte und der ich was Gutes tun wollte und so das Frühstück vorbereitete, und jetzt musste sie mich trösten. Ich habe ein doppelt schlechtes Gewissen: Zum einen habe ich mich nicht richtig um sie gekümmert. Zum anderen habe ich neben ihr geschlafen. Unverantwortlich, denke ich, und schüttle den Kopf. „Alles wird gut“, sagt sie, als könnte sie meine Gedanken lesen.

Während ich noch warte, dass sich jemand am anderen Ende der Leitung mit einem freundlichen „Hallo, was kann ich für Sie tun?“ meldet, frage ich mich, was das für atypisch fröhliche Warteschleifenmusik ist. Vielleicht haben sie extra Gute-Laune-Mucke ausgesucht, denn die Situation ist schon dramatisch genug. Die Warteschleife wird irgendwann zu Möbiusschleife. Die Ärzt*innen müssen gerade alle Hände voll zu tun haben. Ich lege auf und schlafe noch eine Runde.

Luciana Ferrando