: Der Gereifte
Mit 38 Jahren trat Hans-Ulrich Klose 1974 das Amt des Ersten Bürgermeisters in Hamburg an. Heute ist der SPD-Politiker überzeugt, er sei damals eindeutig zu jung dafür gewesen. In einem Interview mit der Welt meinte er, man habe erst ab dem 50. Geburtstag eine Chance, erwachsen zu werden. „Um Bürgermeister, Ministerpräsident oder Bundesminister zu werden, bedarf es einer gewissen menschlichen Reife“, sagte er.
Ein Mindestalter für hohe politische Ämter hätte nicht nur seine Karriere verhindert, sondern auch die von einigen Mitgliedern der aktuellen Bundesregierung. So sind Familienministerin Kristina Schröder (CDU) und Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) 35 Jahre jung, Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) zählt 39 Lenze. Auch Ernährungsministerin Ilse Aigner (CSU) und Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) scheitern mit 47 und 49 Jahren an Kloses Reifeprüfung.
Klose selbst ist mittlerweile 75. Nach dem Jura-Studium und einigen Jahren als Jugendstaatsanwalt saß er in der Hamburgischen Bürgerschaft, wurde Innensenator und 1974 Bürgermeister. Nun gab er den jungen Wilden, schwenkte in politischen Fragen um, bürstete gegen die Parteilinie und ließ sich auf Konzerten von Udo Lindenberg sehen. Am Ende seiner Amtszeit als Bürgermeister engagierte er sich gegen den Bau des Atomkraftwerks Brokdorf und trat 1981 über den darauf folgenden innerparteilichen Streit zurück.
Nachdem er öffentlich mit dem Gedanken spielte, Pastor auf Sylt oder in Amerika zu werden, blieb er dann doch in Deutschland. Seit 1983 ist er Mitglied im Bundestag. Auch hier war er nicht immer auf dem Kurs der SPD, sprach sich unter anderem für die Beteiligung an Kriegseinsätzen aus.
Zur Wahl 2013 wird er nicht mehr antreten: 30 Jahre Bundestag sind genug. Vielleicht klappt es ja dann mit Kloses Traum von Amerika – eine große Reise nach Amtsaustritt ist bereits angedacht, fernab von politischen Grünschnäbeln. MORITZ KOHL