Galerie Neu
: Die Häuser und die, die darin wohnen

Julie Becker, „Whole (Projector)“, 1999. Installationsansicht in der Galerie Neu, Berlin, 2020. Foto: Stefan Korte

Viel zu früh verstorben und viel zu wenig bekannt – gerade hierzulande – ist die Künstlerin Julie Becker (1972–2016). Becker, die in L.A. lebte und arbeitete, beschäftigte sich mit den Wechselwirkungen zwischen Wohnräumen und den Menschen darin, mit psychologisch oder emotional aufgeladenen Aspekten von Architektur und Inneneinrichtung. In Fotografie, Film und Zeichnung etwa, was sich momentan in der Galerie Neu besichtigen lässt. Aus den 90ern und 00er Jahren stammen die Arbeiten, wirken jedoch 2020, zu Zeiten der Wohnungskrise, umso aktueller. „Whole“ etwa: ein Projekt, rund um den Umzug der Künstlerin in ein heruntergekommenes Gebäude der California Federal Bank im heute durchgentrifizierten Echo Park und mit Blick auf die Bank. Becker wohnte dort für kleines Geld in und mit den Hinterlassenschaften ihres an Aids verstorbenen Vormieters. „The Same Room: Julie Becker in dialogue“ führt Beckers Kunst mit Arbeiten von Jesse Darling, Win McCarthy und Ima-Abasi Okon zusammen, die auf ihre Weise wenig heimelige, prekäre oder beunruhigende Architekturen thematisieren. Okon hat eine solche gleich in die Galerie integriert, Deckenplatten hineingehängt, wie man sie von unwirtlichen Behörden und Büros kennt. Ausgestattet sind sie mit den auf dem Titel abgebildeten Lufterfrischern. Alle sechs Minuten versprühen diese einen Duft, dessen Zusammensetzung von mannigfaltigen (unerfüllten?) Sehnsüchten erzählt. Der Geruch des Schmucks der Künstlerin ist dabei, Insulin, Morphium, Litschi-Serum und Kinesio-Tape. (bsh)

Bis 14. 3., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Linienstr. 119 abc