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Archiv-Artikel

„Freiwilligkeit diskutieren“

ERÖFFNUNG Zur „Informatica Feminale“ spricht die Landesdatenschützerin über Daten und Geschlecht

Von JPB
Imke Sommer

■ 46, ist Bremens Datenschutzbeauftragte. 1998 schrieb sie ein Buch zu feministischer Rechtstheorie .

taz: Frau Sommer, Sie sprechen auf einer Sommeruni für Informatikerinnen – keine andere Disziplin bringt den Datenschutz so in Gefahr.

Imke Sommer: Ja. Andererseits haben wir ein neues Grundrecht auf „Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme“. Damit ist der Bezug zwischen Person und Technik angesprochen: Ich habe ein Recht darauf, dass mein System so ist, wie ich glauben darf, dass es ist. Das neue Grundrecht berührt auch weibliche und männliche Zugänge zu Technik.

Macht es einen Unterschied, ob Frauen Überwachungssoftware programmieren oder Männer?

Das wäre noch zu ergründen. Frauen sind in der Gesellschaft stärker Gewalt ausgesetzt, deshalb müssen wir auch nach den Auswirkungen fragen: Etwa, ob eine automatische Gesichtserkennung und die Gefahren, die sich daraus ergeben, für Frauen wie für Männer gleich schlimm sind. Man kann eine Verbindung zwischen der Diskussion um informationellen Selbstbestimmung und der feministischen Diskussion um Selbstbestimmung ziehen.

Inwiefern?

Die feministische Theoretikerin Luce Irigaray fordert zivile Rechte, um Entfremdung aufzuheben. Das berührt die Frage, wo ich ich fremdbestimmt werde und es nicht merke. Wenn ich mir die Facebook-Debatten anschaue, so ist auch das Problem der Freiwilligkeit genau in diese Richtung zu diskutieren: Ist es wirklich meine eigene Entscheidung, mich im Netz mit diesem Foto in dieser Pose darzustelle oder folge ich einem Gruppenzwang?

Bleibt es nicht dennoch meine freie Entscheidung?

Bestimmte Geschlechterrollen und Stereotype führen vielleicht auch dazu, dass wir keine Alternative sehen. Im Arbeitsrecht zählt nach Auffassung von DatenschützerInnen eine Einwilligung nicht, weil es sich um ein hierarchisches Verhältnis handelt, man kann nicht von Freiwilligkeit sprechen. Das könnte auf Gruppenzwang übertragen werden.  Interview: JPB

17 Uhr, Uni Bremen, Mehrzweck-Hochhaus, Raum 1100