: Demonstrative Bässe für Beats ohne Kommerz
Die Love Parade ist längst verblichen. Die Fuck Parade aber startet am Samstag zum neuten Mal. Zu Hardcore-Techno werden wieder Hunderte gegen eine ausschließlich kommerzielle Ausrichtung der Musikmedien demonstrieren
Die Love Parade ist tot, ihre „zornige kleine Schwester“ mit dem offensiven Namen Fuck Parade aber lebt. Der 37 Jahre alte Frankfurter Martin Kliehm alias DJ Trauma XP hat sie ins Leben gerufen. Am Samstag wollen Kliehm und seine Mitstreiter wieder durch Berlin ziehen, ab 15 Uhr vom Leipziger Platz via Kreuzberg zum Ostbahnhof. Schon ihre Wegstrecke sehen die Veranstalter als politisches Statement. Abgetanzt werden leerstehende Büros an der Friedrichstraße, das teilbesetzte Bethanien und von der Verdrängung bedrohte Clubs in Friedrichshain.
„Ihr seid auf einer Demo. Äußert eure Meinung, seid politisch und konsumiert nicht nur.“ Mit diesen Worten starteten die Veranstalter 2004 die Parade. Zwar kamen nur mehrere hundert Teilnehmer, aber die waren ganz bei der Sache, sagt Kliehm. „Die Leute, die bei der Fuck Parade mitmachen, sind Teil einer unkommerziellen Szene.“ Auf dem Umzug ist viel Hardcore-Technomusik zu hören, aber auch Drum’n’Bass oder Punk.
„Ich selbst lege am liebsten 230 bis 250 Beats pro Minute auf“, sagt Freizeit-DJ Kliehm. Für ihn sei klar, dass sich Leute, die auf so extreme Musik stehen, außerhalb des Massengeschmacks bewegen. Um jedoch Missverständnisse zu vermeiden, sagt er: „Ich habe nichts gegen Kommerz oder Leute, die mit Musik Geld verdienen. Sonst dürfte ich ja auch keine Platten kaufen.“
Im ersten Jahr, 1997, hieß Kliehms Veranstaltung Hate Parade. Heute bezeichnet er das als „nicht besonders originell“. In den ersten Jahren sei es auch noch viel darum gegangen, sich von der „unpolitischen Love Parade“ abzugrenzen.
Der Fuck Parade geht es darum, den Forderungen der subkulturellen Szene mehr Raum zu geben. Sie wollen eine bessere Politik für Partymacher in Form von schnell erteilten, zeitlich begrenzten Konzessionen etwa. „Behörden sollten bürgerfreundlicher und serviceorientierter sein“, sagt Kliehm.
In der diesjährigen Demo-Anmeldung heißt es: „Wir demonstrieren gegen eine ausschließlich kommerzielle Orientierung der Musikmedien, für das Recht, öffentlichen Raum ohne großen bürokratischen Aufwand und ohne Überwachung nutzen zu können.“ Nicht zuletzt müssten Musik und andere kreative Ausdrucksmittel als Demonstrationsmittel anerkannt werden. In den vergangenen Jahren hatte die Polizei mehrfach die Fuck Parade den Status einer Demonstration verweigert, weil diese zu musikalisch sei. 2001 verbot sie nicht nur den Auftritt der DJs, sondern beschlagnahmte sogar Radios, die die Teilnehmer ersatzweise mitgebracht hatten. Erst nach einer Klage durch mehrere Instanzen konnten sich die Veranstalter im Jahr 2003 durchsetzen. dpa, taz
Internet: www.fuckparade.org