Staat subventioniert Marius

Die Deutsche Steinkohle AG nutzt ihre Subventionen auch für millionenschwere Imagekampagnen. Illegal, glauben Rechnungsprüfer. Gefährlich wirksame Lobbyarbeit, fürchten Naturschützer

von MIRIAM BUNJES

Kohle glänzt nicht, aber sie wärmt, behauptet Marius Müller-Westernhagen. Sein Lächeln zu diesem Satz und einigen anderen über die positive Rolle der deutschen Steinkohle hat die aus dem Hochglanzmagazin Vogue bekannte Portraitfotografin Gabo abgelichtet. Die neueste millionenschwere Anzeigenkampagne der Deutschen Steinkohle AG (DSK) ist erst vor ein paar Wochen aus den Zeitungen und Zeitschriften verschwunden und auch in den vergangenen zwei Jahren prangte der staatlich subventionierte Kohle-Lobbyismus vor allem in Nordrhein-Westfalen monatelang von vielen Plakatwänden.

Die Prüfer des Bundesrechnungshofes halten diese steuerfinanzierte Werbung für illegal: 8,6 Millionen Euro hat die Werbung in den Jahren 2003 und 2004 gekostet, teilt der Bundesrechnungshof in einem internen Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages mit, der der taz vorliegt.

Die Ausgaben „entsprechen nicht den Grundsätzen der Notwendigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Sie sind zur Erreichung des Zuwendungszweckes ungeeignet und nicht erforderlich“, so der Bericht des Bundesrechnungshofes.

Denn: Die DSK finanziert ihre Werbung aus den Steinkohlebeihilfen, sie setzt „Subventionen ein, um weitere Subventionszahlungen zu werben“, kritisieren die Prüfer, die außerdem nicht ausschließen, „dass dies auch auf andere Maßnahmen der DSK zur Öffentlichkeitsarbeit zutrifft.“

Die Milliarden hohen Steinkohlebeihilfen seien konkret an die Förderung von Kohle gekoppelt. Durch die Werbung beim Bürger würde jedoch kein einziges Kilogramm Kohle zusätzlich gefördert. Schließlich würde Kohle schon lange nicht mehr in Privathaushalten verbrannt, sondern fast ausschließlich von der Industrie. Die Bürger hätten also keinen maßgeblichen Einfluss auf den Steinkohle-Absatz und es gebe auch kein Absatzproblem, das mit der Kampagne beseitigt werden müsste.

Die DSK, ein Unternehmen des Essener RAG Konzerns und der Betriebsführungsgesellschaft für den nationalen Steinkohlebergbau, schweigt zur Kritik. „Wir halten unsere Kampagne für rechtmäßig, sonst hätten wir sie so nicht gemacht“, sagt Unternehmenssprecher Ulrich Achten. „Uns liegt kein Bericht vom Rechnungshof vor und wir wissen, dass das Wirtschaftsministerium hinter uns steht.“

„Es ist unfassbar, wie hier Millionen Steuergelder verschwendet werden“, sagt Josef Tumbrink, Vorsitzender des Naturschutzbundes in NRW (Nabu). Die Steinkohle habe durch die Subventionen sowieso eine wirtschaftlich unsinnige Absatzgarantie, „dass sie dafür mit dem Geld der Steuerzahler wirbt, ist im höchsten Maße unmoralisch, aber nicht überraschend.“ Im Gegensatz zum Bundesrechnungshof glaubt Tumbrink nicht, dass die Werbemillionen herausgeworfenes Geld sind. „Leider wirkt die Lobbyarbeit der Steinkohle AG sehr nachhaltig“, sagt der Naturschützer. Deshalb würde im niederrheinischen Walsum heute immer noch Kohle abgebaut, „obwohl objektiv wirklich alles dagegen spricht.“ Viele nordrhein-westfälische Politiker hätten eine regelrechte Schranke im Kopf, wenn es darum ginge, den subventionierten Kohleabbau wirklich zurückzufahren. „Das liegt daran, dass seit Jahren so viel in die Lobbyarbeit investiert wurde, dass Entscheidungsträger fürchten, weite Teile der Bevölkerung gegen sich aufzubringen.“

Die nordrhein-westfälische CDU will bis 2010 die Kohlesubventionen um 750 Millionen Euro zurückfahren und die Branche „mittelfristig“ sterben lassen. Für 2005 zahlt der Bund 2,1 Milliarden Euro, um in den Kohleabbaugebieten den Absatz zu fördern und die Stilllegung der Zechen zu erleichtern. Das Land NRW zahlt 588 Millionen Euro. Für die Jahre 2006 bis 2008 sind bereits insgesamt 7,3 Milliarden Euro bewilligt, NRW zahlt davon 1,6 Milliarden.