: Teures Paarmodell in der Kritik
Gewerkschaftsstudie: Ehegattensplitting wird fast nur im Westen genutzt. In 40 Prozent dieser Haushalte leben keine Kinder. Alternativmodell vorgestellt
BERLIN taz ■ Überflüssig, unfair, unmodern – Ulrike Spangenberg findet viele harsche Worte, wenn sie über den Steuervorteil dank Ehering referiert. Jetzt belegt die Juristin in einer Studie der gewerkschaftseigenen Hans-Böckler-Stiftung: Vor allem der gutbetuchte Westmann profitiert vom Ehegattensplitting.
Beim Splitting wird das Einkommen des Paares zusammengerechnet und dann halbiert. Jede Hälfte wird so besteuert, als hätte jeweils einer der Partner diese Summe verdient. Ein alleinverdienender Ehemann muss daher weniger Steuern zahlen als ein Alleinstehender. Im Osten der Republik spielt das Ehegattensplitting kaum eine Rolle: Dort sind die Einkommen geringer, häufiger als im Westen arbeiten die Ehefrauen Vollzeit. Daher fließen 93 Prozent der durch das Splitting gesparten Steuern an westdeutsche Ehepaare.
Vom Steuervorteil profitiert vor allem der Gutbetuchte. Ein alleinverdienender Ehemann mit 120.000 Euro Jahreinkommen spart gegenüber einem Single bis zu 7.900 Euro, so die Studie. Wer lediglich 20.000 Euro jährlich verdient, wird nur um 2.000 Euro entlastet.
Das Splitting, so die Kritikerin, fördert ein überholtes Paarmodell. Es setzt Anreize, die kaum mehr zeitgemäß sind. Wer die Gattin gern volltags an Putzeimer und Herd sieht, wird darin finanziell bestärkt. Gedacht war das Splitting als Ausgleich für Paare, bei denen die Frau daheim bleibt und den Nachwuchs erzieht. De facto aber leben bei 43 Prozent dieser Paare keine Kinder (mehr) im Haus.
Autorin Spangenberg kontert daher mit einem Alternativmodell. Demnach werden die Ehepartner einzeln besteuert. Jedem steht steuerfrei der Grundbetrag zu – das Existenzminimum von etwa 7.000 Euro. Die Gatten können den Freibetrag auf den Partner übertragen. Unverheiratete Paare dürfen dies auch nach dem neuen Modell nicht.
So sichert auch der Studien-Entwurf das Steuerprivileg für Eheleute. Ihr Finanzvorteil fällt aber maßvoller aus. 8 Milliarden Zusatz-Euro flössen mit dem neuen Modell an den Staat, hat die Studie errechnet. „Das Geld könnte man zum Beispiel für mehr Kitas ausgeben“, so Spangenberg.
So eindeutig die Analyse ist – konkrete Gefahr droht dem Ehegattensplitting nicht. Lediglich die Grünen und die Linkspartei plädieren derzeit energisch für seine Abschaffung. Die SPD hält sich in Neuwahlzeiten mit solchem Reformeifer zurück. Zu unpopulär ist die Absage an ein Modell, das das Gros der Ehepaare für seine Steuererklärung wählt. COSIMA SCHMITT