: „Das wäre Selbstmord“
Politologe Gero Neugebauer hält Koalition von SPD und Linkspartei für ausgeschlossen. Beide Seiten verlören jede Glaubwürdigkeit
taz: Herr Neugebauer, die Linkspartei hält eine Koalition mit der SPD im Jahr 2009 für möglich. Warum nicht schon in diesem Herbst – wenn sie eine Kanzlerin Merkel verhindern kann?
Gero Neugebauer: Die Linkspartei erhält ihre Unterstützung aus Wählerkreisen, die einen Protest gegen die Politik der rot-grünen Regierung erwarten. Wollte die Linkspartei in ebendiese Regierung eintreten, würde sie damit signalisieren: Das Gerede gegen Hartz IV ist Schnee von gestern. Damit würde sie einen großen Teil ihrer Anhänger enttäuschen und sich selbst paralysieren.
Welchen Sinn haben dann die Äußerungen, man könne sich ein solches Bündnis für 2009 vorstellen?
Eine Partei kann sich nicht immer nur als Opposition darstellen. Damit würde sie signalisieren, politische Verantwortung nicht übernehmen und die Interessen ihrer Anhänger nicht wirklich realisieren zu wollen.
Wäre es für die SPD nicht verlockend, in einem Linksbündnis weiter den Kanzler zu stellen?
Wenn es das vorrangige Ziel der SPD wäre, das Amt des Bundeskanzlers zu behalten, dann hätte Gerhard Schröder sein Mandat nicht vorzeitig aufgegeben und stattdessen die Auseinandersetzung mit der CDU aus der Regierung heraus suchen sollen. Aber im Ernst: Die SPD kann nur um den Preis ihres politischen Selbstmords an eine linke Koalition denken. Dann würde tatsächlich der Eindruck entstehen: Die wollen nur den Bundeskanzler stellen, der Rest ist ihnen egal.
In ihren Wahlprogrammen versprechen SPD und Linkspartei Nachbesserungen an Hartz IV. Liegen die beiden Parteien inhaltlich wirklich so weit auseinander?
Die Linkspartei fordert nicht die völlige Abschaffung von Hartz IV, weil sie sich nicht für alle Zeiten eine Zusammenarbeit mit der SPD verbauen will. Aber es bleiben gegensätzliche Konzepte: Die SPD will den Staat in der Arbeitsmarktpolitik entlasten, für die PDS bleibt der Staat die entscheidende Instanz.
Hätte die PDS ohne das Zusammengehen mit der WASG diesmal koalitionsfähig sein können?
Aufgrund der Erfahrungen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern hätte es auch im Bund durchaus zu einer Koalition links von der Mitte kommen können. Aber für die PDS hatte die Parteiräson Priorität. Das Ziel, sich gesamtdeutsch zu etablieren, ließ sich nur durch die Kooperation mit der WASG erreichen. Diese Kröte musste die PDS schlucken. Ob es zu einer Parteifusion dann wirklich kommt, wird man sehen.
Ist diese innere Instabilität von Linkspartei und WASG ein Argument gegen eine Koalition?
Und ob. Der künftige Weg sowohl der Linkspartei als auch der SPD ist so unbestimmt, dass man auch über mögliche Koalitionen im Jahr 2009 nur spekulieren kann. Aber prinzipiell gilt: In einem funktionierenden Parteiensystem sind alle Parteien koalitionsfähig.
Niemand redet so gerne über eine Linkskoalition wie die CDU. Warum?
Wahlkämpfe lassen sich ohne Polarisierung schlecht führen. Mit dem Gerede über das Linksbündnis kann die CDU ihre Anhänger mobilisieren. Wenn aber die SPD jetzt darüber redet, macht sie einen schweren Fehler. INTERVIEW: RAB