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Archiv-Artikel

EISHOCKEY ALS ZIRZENSISCHER EVENT Die perfekte Dosis für Betriebsunfälle

von JOHANNES KOPP

Vermutlich war das am Freitag nur eine kleiner Betriebsunfall, diese 2:6-Niederlage der Eisbären Berlin gegen die Frankfurt Lions vor eigenem Publikum. Denn verloren wird eigentlich nicht mehr in der Arena am Ostbahnhof. Im Januar passierte zum letzten Mal dieses ungewöhnliche Missgeschick.

Die Berliner Eishockeycracks scheinen nicht umsonst unter den Fittichen der amerikanischen Anschutz Entertainment Group zu stehen, die auch ihre Spielstätte, den multifunktionalen Unterhaltungstempel, in Friedrichshain-Kreuzberg erbauen ließ. Woche für Woche unterhalten die Eisbären ihr Publikum mit dem immergleichen Showprogramm, an dessen Ende sie stets als triumphaler Sieger vom Eis gleiten. Natürlich immer bestens ausgeleuchtet von der angeblich modernsten europäischen Hallentechnik. Die siegbringenden Eisbär-Tore werden auf dem achteckigen LED-Videowürfel wieder und wieder präsentiert.

Den Reiz des ungewissen Ausgangs vermisst hier scheinbar keiner. Die Arena ist nahezu jedes Mal ausverkauft. Also 14.000 Zuschauer wohnen jedes Mal dem zirzensisch in Szene gesetzten Spektakel bei. Die Entertainment-Maschinerie läuft wie geschmiert. Die Eisbären gleichen Hochseilartisten. Das Publikum bangt mal mehr, meist aber weniger um ihr Gleichgewicht. In der Regel aber, das wissen alle, kommen sie auf der anderen Seite an.

So lässt sich der ewige Erfolg gut verkaufen. Randsportler wie die Wasserballer von Spandau 04 tun sich da erheblich schwerer. Sie langweilen die Öffentlichkeit mit ihren Triumphen (29 deutsche Meistertitel in den letzten 31 Jahren) so sehr, dass sie kaum noch Erwähnung finden.

Die Eisbären dagegen entwickeln sich immer mehr vom Sport- zum Eventverein. Wie lange die sportlich anspruchsvolle Zirkusnummer das Publikum anziehen wird, ist indes schwer zu prognostizieren. Etwas weniger Dominanz würde wohl mehr Liebhaber des Eishockeysports elektrisieren. Bei zu vielen Niederlagen hingegen befände man sich wahrscheinlich auf dem Weg zurück vom Event- zum Sportverein. Betriebsunfälle in Form von Niederlagen kontrolliert etwas höher zu dosieren, das wäre wahrscheinlich die perfekte Unternehmensstrategie.