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Archiv-Artikel

Neuwahlen abblasen? Bloß nicht!

Heute verhandelt das Bundesverfassungsgericht die Klagen gegen die vorgezogenen Neuwahlen. Bremer Parteien sind sich einig: Sie wollen kein „Kommando zurück“. Nur in Gewerkschaftskreisen hoffen manche auf einen Stopp aus Karlsruhe

Bremen taz ■ Kommando zurück? Neuwahlen abblasen? Noch ein Jahr Schröder-Fischer-Rot-Grün? Der Bremer CDU-Geschäftsführer schüttelt heftig den Kopf. „Jetzt doch nicht mehr“, entfährt es Heiko Strohmann: „Dann wäre die ganze Arbeit umsonst gewesen.“

Wie Strohmann geht es auch den WahlkämpferInnen von Grünen, FDP und Linkspartei/PDS. Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts gegen den vorgezogenen Wahltermin am 18. September, räumt FDP-Landesvorsitzender Peter Bollhagen ein, „käme uns sehr ungelegen“. Schließlich habe man nicht nur fleißig Plakate geklebt, sondern dafür auch „richtig Geld in die Hand genommen.“ Mehrere Tausend Euro, fürchtet Bollhagen, müsse die Partei abschreiben, sollte am 18. September nicht gewählt werden – kein Pappenstiel bei einem Wahlkampfetat von unter 10.000 Euro.

Die finanziellen Verluste hielten sich noch in Grenzen, heißt es bei der CDU. Schließlich könne man Kugelschreiber, Fähnchen und Luftballons mit den Namenszügen der Spitzenkandidaten auch noch in einem Jahr verwenden. Und die Plakatständer stünden auch 2006 noch gut. Lediglich die Plakate selbst würden wohl neu gedruckt werden: zwei- bis dreitausend Euro hat die CDU bisher in sie investiert – bei einem Wahlkampf-Etat von etwa 50.000 Euro.

Mit deutlich höheren Verlusten müssten indes die Grünen rechnen. Auch ihre Wahlkampf-Kasse ist mit rund 50.000 Euro gefüllt. Etwa ein Viertel davon aber sei „mit Sicherheit weg“, sollten die Karlsruher RichterInnen die Neuwahl-Pläne stoppen, sagt Landesgeschäftsführer Björn Weber. Einige bereits geplante Veranstaltungen könne man nicht mehr absagen. Und obwohl man die Entscheidung des Bundeskanzlers, via Misstrauensvotum den Bundestag auflösen zu lassen, „nicht so glücklich“ gefunden habe, wünsche man sich jetzt doch, dass die Neuwahlen im September stattfinden. „Dafür ist schon zu viel passiert, um noch ein Jahr mit der alten Besetzung regieren zu können“, sagt Weber.

„Eher ärgern“ würde sich Linkspartei/PDS-Vorsitzender Klaus-Rainer Rupp über ein „so nicht“ aus Karlsruhe: „Das wäre für uns nicht so gut.“ Verzögerten sich die Wahlen, könne das zu zweierlei führen: dazu, „dass das Projekt ‚Linkspartei‘ sich stabilisiert“. Oder dazu, „dass es zerredet wird“. Ein Wahltermin am 18. September, sagt Rupp deswegen, „ist besser“.

Es sei von Vorteil, „wenn man das jetzt durchzieht“, findet die Zweite Bevollmächtigte der IG Metall in Bremen, Inge Lies-Bohlmann. Auch wenn es „nur noch schlimmer kommen kann mit der CDU“. Und Reinhard Thiel, Gewerkschaftssekretär der Bremer IG BAU, betont: „Wir sind dafür, dass es Neuwahlen gibt.“ Nur bei Ver.di Bremen gibt man sich etwas vorsichtiger. Eine CDU/FDP-Regierung, ist Geschäftsführer Wolfgang Schäfer überzeugt, werde einen wahren Angriff auf die Tarifautonomie starten. Blocke das Bundesverfassungsgericht die vorgezogenen Wahlen ab, so sei das daher „unterm Strich eher positiv“.

SPD-Geschäftsführer Roland Pahl wollte sich übrigens weder zum Wahlkampf-Etat seiner Partei noch zu möglichen finanziellen Verlusten durch ein „Nein“ aus Karlsruhe äußern. Wozu auch? „Wir haben immer nur Plan A.“, sagt Pahl. A wie Neuwahlen. Armin Simon