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„The Irishman“, 2019 Foto: netflix

Was für ein irritierender und zugleich abgehobener und nüchterner Auftakt! Wie so oft bei Martin Scorsese kommt die Kamera aus dem Nichts. Zu einer Swingmusik gleitet sie durch einen in Braun- und Beigetöne gehaltenen Aufenthaltsraum, in dem betagte Männer und Frauen in Grüppchen oder allein sitzen. Sie biegt um die Ecke, passiert eine große Jesusfigur und blickt schließlich in ein altengerechtes Zimmer. Close-up auf das Gesicht eines Mannes mit zerfurchtem Gesicht und schütterem, nach hinten gekämmtem Haar. Der alte Herr, das werden wir im weiteren Verlauf erfahren, ist Frank Sheeran (1920–2003), Vater von vier Töchtern, Auftragsmörder der Mafia, Freund und Berater des einflussreichen Gewerkschaftsführers Jimmy Hoffa. Robert de Niro spielt diesen Titelhelden zurückgenommen, in sich verschlossen, so als werde seine Figur erdrückt von dem Männerbild, das sie sich selbst aufgebürdet hat. „The Irishman“ ist eine groß angelegte, nuancierte Dekonstruktion von Männlichkeit. Eine Entmachtung auf allen Ebenen. In 7 Kinos