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Archiv-Artikel

Pilger scheitern an Schleusern

Hunderte Gäste des nahenden Weltjugendtags in Köln erhalten aus Angst vor Schleusern keine Visa zur Einreise nach Deutschland. Manchen jungen Katholiken aus Afrika und Asien fehlen aber auch nur die nötigen Papiere für Visaanträge

Beim Weltjugendtag in Rom sollen bis zu 3.000 Asylanträge gestellt worden sein

von ISABEL FANNRICHund PHILIPP GESSLER

Die deutsche Bischofskonferenz hat offiziell Probleme bei der Visa-Vergabe an so genannte Pilgerinnen und Pilger des kommenden Weltjugendtages (WJT) in Köln eingeräumt. Von den etwa 22.000 junge Leuten, die Visa zur Einreise nach Deutschland für das katholische Massenspektakel bräuchten, hätten offenbar rund 10 Prozent Probleme, diese zu erhalten, sagte der Vertreter der Bischofskonferenz in Berlin, Prälat Karl Jüsten, der taz. Der Leiter des „Katholischen Büros“ betonte jedoch, dass diese ungesicherte Zahl mit Vorsicht zu genießen sei.

Das Problem liegt Jüsten zufolge auch darin, dass die deutschen Botschaften im Ausland Angst vor Schleuserbanden haben. So gebe es Meldungen, nach denen Schleuser auf den Philippinen in Zeitungsanzeigen versprächen, Menschen mit Hilfe eines WJT-Tickets nach Deutschland zu bringen, so Jüsten. Das Kölner WJT-Büro bestätigte, dass eine Gruppe von 600 philippinischen Pilgern nicht einreisen dürfe, weil sie „beim letzten WJT im Zusammenhang mit Schleuseraktivitäten aufgefallen“ sei. Bei vorherigen Weltjugendtagen hatten hunderte Gäste Asylanträge gestellt.

Die Zahl der Fälle, in denen sich Pilger mit Visaproblemen „ungerecht behandelt“ fühlten, liege „unter fünf Prozent“, sagte der für die Pilgerregistrierung zuständige Dirk Wetzel vom WJT. Schwierigkeiten gebe es vor allem mit Ländern wie Kamerun und den Philippinen. Allein aus dem Inselstaat hätten 3.000 Besucher einreisen wollen. Aber auch in anderen afrikanischen Staaten wie Togo und Nigeria schienen die deutschen Botschaften wählerisch bei der Visa-Vergabe zu sein. „Dagegen gibt es Länder, wo die Botschaften uns zur Hand gehen und sehr großzügig sind.“ Prälat Jüsten zufolge werden in manchen Botschaften Nachtschichten geschoben, um noch in letzter Minute Visa auszustellen.

Das Problem kochte verstärkt in den vergangenen Tagen hoch, als immer mehr Bistümer und katholische Jugendorganisationen von den Visaproblemen ihrer Gäste kurz vor dem Abflug nach Deutschland erfuhren. Demnach können Jugendliche aus Senegal, Kamerun, Togo oder der Elfenbeinküste nicht nach Deutschland reisen (taz berichtete). Dabei hatte der WJT mit dem Auswärtigen Amt ein vereinfachtes Visaverfahren vereinbart. So entfällt die Gebühr für ein auf den Zeitraum des WJT begrenztes Visum. Statt der sonst geforderten individuellen Einladung übernimmt der WJT eine pauschale Verpflichtungserklärung für alle registrierten visapflichtigen Besucher. Danach kommt er für Unterkunft, Verpflegung und mögliche Krankheitskosten auf, aber – nach Aussage des Auswärtigen Amtes – „im Ernstfall“ auch für die Kosten einer Rückführung nach einem illegalen Aufenthalt in der Bundesrepublik.

Weil schon während früherer Weltjugendtage verstärkt Asylanträge gestellt worden sind – in Toronto sollen es zwischen 800 und 2.400, in Rom bis zu 3.000 gewesen sein –, bereiten sich die Kölner Ämter mit verlängerten Öffnungszeiten auf einen möglichen Ansturm von Antragstellern vor. WJT und Auswärtiges Amt sprechen von dem „Balanceakt“, einerseits den Austausch zu ermöglichen, andererseits einen Visamissbrauch zu verhindern. Deshalb stellen sie für das erleichterte Visaverfahren zwei Bedingungen: Der Pilger muss sich beim WJT registriert haben und der jeweiligen deutschen Botschaft ein Empfehlungsschreiben des Ortsbischofs vorzeigen. Wie im „normalen“ Visaverfahren muss er außerdem seine Rückkehrbereitschaft anhand von Dokumenten wie einem Arbeitsvertrag oder einem Konto beweisen – was gerade für Jugendliche ein unüberwindbares Hindernis sein könne.

So hat gestern die deutsche Botschaft in Jaunde ausgerechnet zwei Kameruner Reisegruppen, die seit Jahren im engen Austausch mit dem Limburger Bistum und der Katholischen Landjugendbewegung stehen, die Visa verweigert. Begründung sei gewesen, so Bistumssprecher Dillmann, dass die „familiäre und wirtschaftliche Verwurzelung nicht gegeben“ sei. „Das sind Schüler, die zum WJT wollen“, so Dillmann. „Das ist haarsträubend.“

Das WJT-Büro spricht von einem „sehr tragischen“ Fall. Um Asylmissbrauch zu verhindern, habe der Kameruner Erzbischof zusammen mit der deutschen Botschaft eine Liste erstellt. Darauf mussten sich Pilger bis zum 18. Juli eintragen. Dies sei vom Erzbistum „nicht sauber kommuniziert“ worden, sodass sich selbst die von europäischen Partnern eingeladenen Gruppen nicht rechtzeitig eingetragen hätten. Für die Pilger kommt diese Erkenntnis allerdings zu spät.