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Archiv-Artikel

Solarfirmen ohne Öko-Umlage

EEG Fast 800 Firmen sind von dem Zuschlag für erneuerbare Energien befreit. Bei vielen ist die Stromsubvention höchst zweifelhaft. Die Verbraucher kostet das Milliarden

778 Unternehmen erhalten Rabatte bis zu 100 Prozent auf die Ökostrom-Umlage

VON MANUEL BERKEL

BERLIN taz | Müssen Brauereien und Tierfutterhersteller mit subventionierten Strompreisen vor ausländischen Mitbewerbern geschützt werden? Die Bundesregierung glaubt das. Sie gewährt 778 Unternehmen Rabatte bis zu 100 Prozent auf die Ökostrom-Umlage. Darunter Firmen wie Bitburger und die Deutsche Tiernahrung Cremer.

Der taz liegt die Liste aller Unternehmen vor, denen das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) für 2012 Anträge auf die sogenannte besondere Ausgleichsregelung gewährt hat. Mit dieser Ausnahme im Gesetz für Erneuerbare Energien (EEG) erlässt der Staat begünstigten Firmen Stromkosten in Höhe von 2,5 Milliarden Euro pro Jahr. Bezahlen müssen das Private und kleinere Firmen. Nach Angaben der Bundesnetzagentur könnte die Ökostrom-Umlage von rund 3,6 auf 3 Cent pro Kilowattstunde sinken, falls die Rabatte für die Industrie wegfielen. Ein Durchschnittshaushalt würde dadurch 20 Euro im Jahr sparen, ein Argument der Gegner der Erneuerbaren – das EEG sei zu teuer – deutlich abgeschwächt.

Das Umweltministerium begründet die Rabatte auf die Ökostrom-Umlage mit dem Ziel, „die internationale Wettbewerbsfähigkeit der begünstigten Unternehmen zu erhalten“. Tatsächlich müssen Industrieunternehmen jedoch nur nachweisen, wie hoch ihre Stromkosten im Vergleich zu ihrer Wertschöpfung sind. Die Grünen halten den Rabatt deshalb für unsinnig. „Ausnahmen müssen wieder echte Ausnahmen werden. Unternehmen sollten sie nur bekommen, wenn sie individuell und transparent nachweisen können, dass sie besonders energieintensiv sind und in intensivem internationalem Wettbewerb stehen“, sagt die Grünen-Abgeordnete Lisa Paus. Der Großteil des begünstigten Stromverbrauchs entfällt zwar auf international tätige Branchen wie Metallherstellung, Papier und Chemie. Doch etwa 20 Prozent der Nachlässe erhalten Schienenbahnen, das Ernährungsgewerbe, Energieversorger und „Sonstige“. Darunter sind Straßenbahnbetriebe von Bremen bis Freiburg, Getränkehersteller wie Himmelsberger Mineralbrunnen, Deutschlands größte Molkerei Deutsches Milchkontor – und sogar ein Dutzend Unternehmen aus der Grünstrom-Branche. Ausgerechnet der Photovoltaik-Riese Solarworld zahlt für den Strom, den er für die Produktion von Silizium-Scheiben (Wafer) in Sachsen benötigt, laut Bafa seit 2011 keine Ökostrom-Umlage mehr. Dabei fußt das Geschäftsmodell von Solarworld darauf, dass alle Verbraucher die Module mitfinanzieren. „Wenn wir diese Regelung nicht in Anspruch nähmen, würden wir unserem Unternehmen im ohnehin harten Wettbewerb schaden“, sagt ein Solarworld-Sprecher. Ähnliche Rabatte erhalten Firmen wie Centrosolar Glas, Biomasse-Kraftwerke, der Bioethanol-Produzent Verbio, Holzbrennstoff-Hersteller wie German Pellets und die Erneuerbare-Tochter des Versorgers Steag.