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Archiv-Artikel

Auf Kohletour am Niederrhein

CDU-Minister Eckhard Uhlenberg und Christa Thoben verteidigen in Dinslaken den Kohleabbau unter dem Naturschutzgebiet Mommbach. „Die betrügen uns wie SPD und Grüne“, klingt es verbittert

aus DINSLAKENALEXANDER FLORIÉ

Der Auftakt ihrer „kleinen“ Kohletour am Niederrhein war für die beiden Landesminister Eckhard Uhlenberg und Christa Thoben noch ganz beschaulich. Als sie am späten Dienstag Nachmittag den Dinslakener Ratssaal betraten, trafen sie nur auf Parteifreunde. Viel gemein hatten sie an diesem Tag trotz aller freundlichen Plaudereien mit ihrer Basis vor Ort – unter anderen den Bürgermeistern der Städte Voerde und Dinslaken, Leo Spitzer und Sabine Weiss – aber nicht.

Denn die beiden Stadtchefs kochten noch vor Wut: über das „Ja“ der Minister zum Kohleabbau der Zeche Walsum unter dem Naturschutzgebiet Mommbach in Voerde. Seitdem brennt dort der Baum. „Dass uns der Wind in Orkanstärke ausgerechnet von der neuen Landesregierung entgegenbläst, hätte ich nicht gedacht“, meinte die Dinslakener CDU-Chefin Renate Seidel später. Denn im Wahlkampf hatte die CDU noch getönt, den Kohleabbau der Zeche Walsum schnellstmöglich zu beenden. Das hatte die Hoffnung geweckt, das Dinslakener Grundwasser, das am Mommbach gefördert wird, würde durch den Abbau nicht beeinträchtigt.

Vor der Bundestagswahl die Wogen glätten, hieß das Tagesmotto der Minister. „Wir nehmen die Sorgen um das Trinkwasser der Stadt Dinslaken und den Hochwasserschutz sehr ernst“, verkündete Minister Uhlenberg der versammelten Presse. „Für mich war der Abbau am Mommbach immer schon mit Zweifeln behaftet“, meinte er fast pathetisch. Um im gleichen Atemzug seine Entscheidung von Mitte Juli, den Abbau zu genehmigen, zu verteidigen. „Die Entscheidung war und ist ohne reale Alternative.“ Ein Jahr früher an der Macht, und man hätte den Abbau dort vielleicht stoppen können.

Rechtlich hat es laut Uhlenberg keine Spielräume gegeben. „Alles ist nach Recht und Gesetz vor sich gegangen“, sagte er. Man bleibe aber bei dem Ausstieg aus den Kohlesubventionen in NRW, das Ziel bei Walsum sei ein Ende vor 2009, und der Abbau unter dem Rhein solle beendet werden, assistierte NRW-Energieministerin Christa Thoben. Da gebe es Verhandlungen mit der Steinkohle: „Walsum ist aber nur ein Teil des Problems“, sagte Thoben. Indirekt gab sie auch der Stadt Dinslaken eine Mitschuld. Die habe im Frühjahr versäumt, zuzupacken, als es die Chance für eine Regelung mit der Steinkohle noch gegeben habe.

Wie wenig die Menschen vor Ort von solchen Sätzen halten, bekamen die beiden Minister dann am Abend vor 500 aufgebrachten Bergbaugegnern im Hexenkessel der Dinslakener Altstadthalle zu spüren. „Nichts Konkretes, alles Larifari“, urteilte Harald Hilgenpahl, Mitglied der Voerder Bürgerinitiative Bergbaubetroffener. „Als CDU-Mitglied schäme ich mich, dass ich dafür Wahlkampf gemacht habe“, erregte sich eine Frau. „Sie rechnen 139 Bergleute der Zeche in Dinslaken gegen 74.000 Bürger und das Trinkwasser auf, unglaublich.“

Als Uhlenberg in der erregten Diskussion dann noch behauptete, ohne eine Genehmigung wäre die Zeche zusammengebrochen, hatten viele im Auditorium den Kaffee komplett auf. „Die betrügen uns genauso wie SPD und Grüne“, meinte ein Mann aus Voerde. Ob Walsum als Verhandlungsmasse für das gesamte Thema Kohleausstieg diene, wollte Josef Tumbrink, Landeschef des NABU in Nordrhein-Westfalen, wissen. Der kündigte danach an, an der Verbandsklage gegen den Abbau festzuhalten. „Wir werden sehen, ob wir uns da anschließen oder eine eigene Klage machen“, meinte am Ende Dinslakens Bürgermeisterin Sabine Weiss.