„Durchbruch der Gesamtuni“

Zentrum für Sozialpolitik (ZeS) feiert Geburtstag

■ ist Professor für Sozialpolitik und Sprecher des Sonderforschungsbereichs „Staatlichkeit im Wandel“ Foto: ZeS

taz: In 20 Jahren ZeS hat sich die Bremer Uni von der Reform- zur Forschungsuni gewandelt …

Stephan Leibfried: Die Phase der Forschungsuni wurde mit Gründung des ZeS und des ersten sozialwissenschaftlichen Sonderforschungsbereichs erst eingeleitet. Die Exzellenzinitiative ist heute die Creme obendrauf. Damals wurde die Gesamtuni erst von der Deutschen Forschungsgemeinschaft anerkannt. Das war der Durchbruch – auch für die Naturwissenschaften.

Das scheint in Bremen wenig im Bewusstsein zu sein.

Im Blick der Hansestadt stehen oft eher Disziplinen wie die Meereswissenschaften oder technische Disziplinen, von denen man sich Arbeitsplätze verspricht.

Aber Sie forschen zu Arbeitsmarkt und Armut. In den 90ern haben Sie die These ‚einmal arm, immer arm‘ widerlegt.

Unsere Untersuchungen haben damals ergeben, dass nur etwa ein Fünftel der Sozialhilfeempfänger im Dauerbezug lebt, der Rest nur vorübergehend, oft nur sehr kurz. Das gilt wahrscheinlich auch heute noch – mit verschobenen Proportionen. Die Wahrscheinlichkeit, im Bezug zu bleiben, ist wieder gestiegen.

Finden Sie das alarmierend?

Wenn sich ein Sozialstaat – wie der unsere – als ein Staat begreift, der den Menschen da heraushilft, ist das alarmierend. Für mich ist das aber auch ermutigend, als eine Aufforderung zum Handeln. Es gibt beide Extreme: Leute, die nach wenigen Monaten von den Sozialleistungen wegkommen, und Leute, die schon in der dritten Generation feststecken. Das verschiebt sich je nach Konjunktur und politischem Gestaltungswillen.

Was erwarten Sie mit dem Regierungswechsel?

Dass der dauerhafte Bezug eher zu- als abnimmt. Was die Politik betrifft, wird nicht viel geändert werden. Was die FDP sich vorstellt, will die CDU nicht. Es sei denn, die Folgefolgen der Finanzmarktkrise überrennen auch sie.INTERVIEW: AG

Feier im Rathaus, 18 Uhr