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Friede sei mit euch und euren Körpern

Obama mag kein Ketchup auf dem Burger, er bevorzugt Dijon-Senf, Obama geht ins Fitnessstudio und muss nicht – wie einst Bill Clinton – mit einem Bauchansatz kämpfen. Warum wurde Obama trotzdem Präsident der USA? Weil er nicht nur ein dezidiertes Verhältnis zu seinem eigenen Körper, sondern auch zum Körper der amerikanischen Nation hat.

Das jedenfalls behauptet Ulrich Haltern in seinem gerade erschienenen Buch „Obamas politischer Körper“. Auf Grundlage der Theorie von den „Zwei Körpern des Königs“, die auf den Historiker Ernst Kantorowicz zurückgeht, beschreibt der Rechtsphilosoph, wie Obama den individuellen Körper erfolgreich als Teil des großen Körpers der politischen Gemeinschaft konzipiert.

Dabei sei Obama das Gegenteil des Leviathan. Der mystische Vereinigungsakt von Staat und Individuum sei im Obama’schen Modell des Politischen eine demokratische Wechselbeziehung zwischen der individuellen Identität und der des amerikanischen Kollektivs.

Obamas Identitätskonzept funktioniere deshalb, weil das amerikanische Staatsmodell organischer Natur sei und auf Verkörperung setze. Deshalb betone Obama immer wieder die Loyalität zu den amerikanischen Gründungsvätern und zum Rule of Law und rekurriere dabei auf die politische Theologie des Mittelalters genauso wie auf das Denken Abraham Lincolns. Obama verpflichte alle Amerikaner auf diese Tradition und leite daraus ihre Verantwortung für Gegenwart und Zukunft ab.

Halterns Behauptung, die amerikanische Gesellschaft habe eine naturalistische Vorstellung vom Politischen, die den Europäern mit ihrem diskursiven Modell des Politischen fremd sei, ist hingegen selbst ein wenig befremdlich. Zeugt doch der Friedensnobelpreis für Obama von nichts anderem als dem zumindest norwegischen Verlangen nach einer Verkörperung des Weltfriedensstifters. DORIS AKRAP

■  Ulrich Haltern: „Obamas politischer Körper“. Berlin University Press 2009, 580 S., 29,90 Euro

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