: Folterrisiko schützt Ex-PKKler vor Auslieferung in Türkei
Das Bremer Verwaltungsgericht beschließt: Der Asylschutz eines anerkannten politischen Flüchtlings bleibt vorerst unangetastet – auch wenn er kämpfende Einheiten der verbotenen ehemaligen kurdischen Arbeiterpartei PKK befehligte. Das Asylbundesamt will dagegen in Berufung gehen
bremen taz ■ Der Fall eines 37-jährigen ehemals führenden PKK-Mannes hat es in sich: Das Bremer Verwaltungsgericht bestätigte dem ehemaligen Guerilla-Kämpfer und früheren Führer einer bewaffneten PKK-Einheit jetzt den Fortbestand seines politischen Asyls – obwohl der Mann von der Türkei per Haftbefehl gesucht wird.
Türkische Ankläger werfen dem Kurden – der seine herausragende Position in der PKK bis zur Loslösung nie bestritt – Mord an Zivilisten vor, sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit bei terroristischen Aktivitäten. Immerhin führe die EU die in Deutschland verbotene ehemalige kurdische Arbeiterpartei PKK auf der Liste terroristischer Vereinigungen, erkannte auch das Bundeskriminalamt eine „Gefährdung der inneren Sicherheit“. Darstellungen, mit denen sich das Bremer Verwaltungsgericht wohl auseinander setzte – gleichwohl befand, dass der Mann im Falle der Aufhebung seines Asylschutzes in der Türkei vor Folter nicht sicher sei. Er darf bleiben.
Damit gab das Bremer Verwaltungsgericht einer Klage des Mannes gegen den Widerruf seines Asylschutzes durch das Asyl-Bundesamt statt. Die Bundesbehörde beantragte gegen diese jetzt veröffentlichte Entscheidung vom 30. Juni 2005 die Zulassung einer Berufung. Bereits Anfang Juni lehnte das Bremer Oberlandesgericht ein Auslieferungsersuchen der türkischen Behörden für den Mann ab.
Die Asylberechtigung könne dem Kurden nur aberkannt werden, wenn von ihm noch heute Gefahr ausginge, befand das Gericht. Dies sei jedoch nicht der Fall, der Mann habe schon im Asylverfahren glaubwürdig dargelegt, dass er sich von der PKK und ihrem militanten Kurs unter Abdullah Öcalan losgesagt habe. Frühere PKK-Zugehörigkeit allein sei kein Grund zur Aberkennung des Asylstatus‘, zumal das Terrorismusbekämpfungsgesetz erst nach der Asylanerkennung in Kraft trat.
Zwar habe sich die Menschenrechtslage in der Türkei verbessert. So sei in den vergangenen vier Jahren kein Fall eines ausgewiesenen Flüchtlings publik geworden, der dort gefoltert wurde. Doch sei nicht mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen, dass der vormals in türkischer Haft gefolterte Kurde erneut misshandelt würde – zumal er über Informationen aus dem Befehlszirkeln der PKK verfüge, an denen türkische Sicherheitskräfte interessiert sein dürften. Auch habe das Auswärtige Amt in seinem jüngsten Lagebericht darauf hingewiesen, dass die türkische Regierung Folter noch nicht völlig unterbinden kann. Der Kurde argumentiert, dass der Mordvorwurf gegen ihn durch Folter zustande kam. ede