Gefangen im Mittelmaß

Die Ziele waren vielleicht zu hoch – mit dem Wiederaufstieg von Hannover 96 in die 1. Liga könnte es schwierig werden. Die Ausbeute der bisherigen Saison ist mau. Die Fans pfiffen am Samstag

Von Christian Otto

Die gute Nachricht zum schlechten Ergebnis war: Nach dem Schlusspfiff sanken alle Spieler entkräftet bis enttäuscht zu Boden – auch die des Gegners. „Zu Hause haben wir noch nicht verloren“, sagte Hendrik Weydandt, der bullige und treffsichere Stürmer von Hannover 96. Er lächelte gequält. Auch im Heimspiel gegen Greuther Fürth konnte er ein Tor erzielen. Der Jubel darüber hielt sich jedoch in Grenzen. Denn nach dem Abstieg in die 2. Fußball-Bundesliga rennt Hannover den eigenen Erwartungen hinterher. Zwei Heimspiele, zwei Remis: Das ist keine Ausbeute, die Hoffnung auf einen schnellen Wiederaufstieg macht. Von den 25.300 Zuschauern im Stadion am Maschsee gab es auch Pfiffe.

Die Kernfrage bleibt: Hat Hannover 96 es wirklich schon geschafft, seinen in der vergangenen Saison überforderten Spielerkader so zu verändern, dass wieder erfolgreicherer Fußball gespielt werden kann? Um die Antwort kümmert sich neben Cheftrainer Mirko Slomka vor allem Jan Schlaudraff. Der 36-Jährige ist vom ehemaligen Profi zum Sportdirektor aufgestiegen. Nach der Partie gegen Fürth klang er säuerlich. „Wir haben nichts von dem umgesetzt, was wir uns vorgenommen haben“, sagte Schlaudraff über eine 1. Halbzeit mit erschreckend vielen Fehlern. 0:1 durch Paul Seguin, Ausgleich für Hannover durch den zur 2. Halbzeit eingewechselten Weydandt. Am Ende hatte der Gastgeber sogar Glück, dass Torhüter Ron-Robert Zieler mit guten Paraden noch eine Niederlage verhinderte.

Schlaudraff gibt sein Debüt in einer exponierten Rolle. Das birgt Chancen und Risiken. Er hat in jedem Fall ein feines Gespür dafür, welche Spielertypen gefragt sind, um ein leistungsförderndes Miteinander zu erzeugen. Aus der Umkleidekabine von Hannover 96 wird berichtet, dass gute Laune und laute Musik trotz des schwachen Saisonstarts dominieren. Neuzugänge wie Zieler (VfB Stuttgart), Marvin Ducksch (Fortuna Düsseldorf), Cedric Teuchert (Schalke 04), Sebastian Jung (VfL Wolfsburg) oder Marcel Franke (Norwich City) haben das Potenzial für Erstliga-Fußball. Für sie bietet Hannover 96 die Chance, auf der Karriereleiter tief anzusetzen, um nach ganz oben zu kommen.

Der Traum vom direkten Wiederaufstieg bleibt mit jeder Menge Wunschdenken verbunden. Denn Hannover 96 plagt nach zwei Erstliga-Abstiegen innerhalb von drei Jahren ein finanzielles Defizit. Martin Kind dirigiert und finanziert die für den Profifußball maßgebliche Gesellschaft, die es neben dem Stammverein Hannover 96 gibt. Er ist zwar millionenschwerer Unternehmer. Aber seine Lust, groß zu investieren, hat nachgelassen.

„Wir versuchen mit den Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, das Bestmögliche herauszuholen“, sagt Schlaudraff, wenn er gefragt wird, ob noch neue Spieler benötigt werden. Laut zu sagen, dass immer weiterer Nachbesserungsbedarf besteht, ist keine gute Idee. Kind möchte, dass bis zum Ende der Wechselfrist am 2. September weitere Spieler verkauft werden, bevor neues Personal angeheuert wird. Der Umbau des Teams dauert also an. Das bestätigt auch die Tabelle. Hannover steckt mit fünf Punkten nach vier Spieltagen im Mittelmaß fest.