: Hatz gegen 68er
Gedenkfeier für Opfer des sowjetischen Speziallagers Sachsenhausen geriet zur politischen Kundgebung
Eigentlich sollte am Sonnabend an Opfer erinnert werden – an rund 60.000 Menschen, die laut der „Arbeitsgemeinschaft Lager Sachsenhausen (ALS) 1945–1950“ im sowjetischen Speziallager Sachsenhausen inhaftiert waren. Außer ehemaligen NS-Kadern saßen Jugendliche, Frauen oder Sozialdemokraten ein – Leute, die, so die ALS, als Feinde bei der Schaffung einer kommunistischen Staatsordnung galten. Mindestens 12.000 Personen hätten die Haft nicht überlebt.
Zunächst sprach alles für eine gelungene Veranstaltung. Oranienburgs Bürgermeister Hans-Joachim Laesicke legte einen Kranz nieder, Vytautas Landsbergis, der ehemalige Präsident Litauens, sprach nachdenkliche Worte. Dann kam der Auftritt des Hauptredners: Ulrich Schacht, Schriftsteller, von 1973 bis 1976 in der DDR inhaftiert, sprach auf Einladung der ALS-Vorsitzenden Gisela Gneist. Der Welt-Autor schreibt auch für die rechte Wochengazette Junge Freiheit. Schacht erinnerte auch an die Opfer des Stalinismus – doch er instrumentalisierte sie für einen Rundumschlag gegen das seiner Ansicht nach linksliberale Establishment der Republik. Sein Feindbild: die 68er. Schacht wetterte gegen die „Gedenkpolitik“, die für ein ungleiches Empfinden sorge. Gegenüber NS-Opfern kämen die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft in der Erinnerung viel zu kurz. „Mao? Für die 68er war das guter Terror.“
Lustvoll wütete Schacht vor allem gegen den Außenminister, den Exsponti, den er „Joseph Fischer“ nennt. Der habe Auschwitz als „Gründungsmythos der Bundesrepublik“ bezeichnet. Schacht: „Im Kern ist das der Ausfluss eines sadistischen Charakters.“ ALS-Mitvorsitzender und Mitorganisator Theo Mittrup schaute etwas betreten drein. Dennoch: „Wir distanzieren uns nicht von Ulrich Schacht.“ Fritz Hermann Köser