Giftschleudern bald verboten

Der Senat will ab 2008 für Dieselautos ohne Rußfilter ein Fahrverbot verhängen – aber nur innerhalb des S-Bahn-Rings. Umweltschützer finden: Das reicht nicht

Berlins InnenstadtbewohnerInnen können demnächst wieder tief durchatmen. Wegen der hohen Belastung mit Rußpartikeln plant der Senat, ab 2008 eine so genannte Umweltzone einzurichten und damit allen Besitzern von Dieselfahrzeugen ohne Rußfilter die Fahrt in die Innenstadt zu verbieten.

Diese Zone soll nach den Plänen jedoch nur für das Gebiet innerhalb des S-Bahn-Rings gelten. Orte, die ebenfalls hohe Messwerte aufweisen wie die Schildhornstraße in Steglitz oder entlang der Stadtautobahn in Neukölln, Tempelhof und Wilmersdorf, sind von dem Fahrverbot ausgeschlossen. „Wir wollen die Verhältnismäßigkeit wahren“, sagte gestern Manuela Damianakis, Sprecherin der Stadtentwicklungsverwaltung. Ohnehin rechne sie mit einem Nebeneffekt: „Keiner in Berlin wird an seinem alten Dieselauto festhalten, wenn er damit nicht mehr in die Innenstadt fahren darf.“

Ob die Umweltzone tatsächlich 2008 kommt, hängt jedoch momentan noch von einer bundesweiten Regelung ab. Fahrverbote lassen sich nämlich nur durchsetzen, wenn saubere Fahrzeuge einheitlich gekennzeichnet sind. Berlin habe zwar die Initiative im Bundesrat gestartet, sagte Damianakis. Bundestag und Bundesrat müssten diesem Vorgehen jedoch noch zustimmen. Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Bündnis 90/Die Grünen) hatte vergangene Woche im Kabinett einen entsprechenden Entwurf eingebracht.

Umweltschützern geht der Vorstoß des Senats nicht weit genug. Die Fahrverbotszone und Filterpflicht müssten viel früher kommen, forderte der Verkehrsreferent des BUND, Martin Schlegel. Zudem sei in Berlin eine bessere Luftqualität langfristig nur durch einen Maßnahmenmix zu erzielen. Um den Verkehr umweltschonender zu verflüssigen, fordert Schlegel die Ausweitung von Tempo 30 auf alle Hauptverkehrsstraßen. Spätestens ab 2010 müsste die Umweltzone dann auch auf ältere Fahrzeuge mit Ottomotoren ausgeweitet werden, damit auch Stickoxid- und Lärmbelästigung sinken.

Seit dem 1. Januar gelten EU-weit strengere Grenzwerte bei der Feinstaubbelastung. Diese dürfen nur an 35 Tagen im Jahr überschritten werden. Gemäß der Regelung liegt erst dann eine Überschreitung vor, wenn eine Menge von mehr als 50 Mikrogramm Feinstaub je Kubikmeter nachgewiesen wird. Für das Jahr 2005 wurden die Messwerte in der Silbersteinstraße in Neukölln bereits an 41 Tagen überschritten, auf der Frankfurter Allee waren es 36 Tage. Allein in Berlin werden von dem Fahrverbot vermutlich etwa hunderttausend Fahrzeuge betroffen sein.

FELIX LEE

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