Forscher warnen vor Gift in Regenjacken

PFOS führt bei Meerestieren zu genetischen Veränderungen. Anreicherung auch beim Menschen

STOCKHOLM taz ■ PFOS heißt eine neue Four-Letter-Abkürzung, vor der Forscher in letzter Zeit mit wachsender Intensität warnen. Sie stellen es in seiner Toxität mit klassischen Umweltgiften wie DDT oder PCB auf eine Stufe und würden es am liebsten so schnell wie möglich verbieten. Perfluoroktansulfonate werden seit den Fünfzigerjahren hergestellt und kommen derzeit vor allem als Bestandteil des Schaums in Brandschutzmitteln sowie als Mittel zur Imprägnierung von Textilien gegen Nässe auf den Markt.

Laut Aufstellung der norwegischen Umweltschutzorganisation „Norges Naturvernforbund“ wird PFOS derzeit weltweit jährlich in einer Menge von 9.000 Tonnen produziert. Nach bisherigen Erkenntnissen könne bereits ein Viertel Milligramm PFOS im Blut eines erwachsenen Delfins zu umfassenden genetischen Veränderungen führen, so die Organisation. In Meerestieren und deren Großkonsumenten hat man PFOS bislang am massivsten nachgewiesen: In dänischen Seehunden ebenso wie in Walen vor den Färöer, bei Hechten in Finnland und Eisbären in der Arktis. Bei Letzteren wurden laut einer in der vergangenen Woche veröffentlichten Studie des Naturschutzbunds WWF die höchsten Konzentrationen festgestellt.

Eine Untersuchung norwegischer und russischer Ärzte an schwangeren Frauen, die in Orten am Barentsmeer leben, zeigt zudem: PFOS ist auf seinem Weg nach oben in die Nahrungspyramide schon längst beim Menschen angekommen. In Zahlen: im Blut von sieben von zehn Schwangeren.

Im vergangenen Jahr kam eine gemeinsame nordische Forschungsstudie zu dem Ergebnis, dass PFOS extrem langlebig ist, umfassend sowohl über die Atmosphäre, Meeresströmungen und zirkulierend in der Nahrungskette transportiert wird, sich immer weiter ausbreitet und in menschlichen wie tierischen Organismen anlagert. Obwohl gesicherte gesundheitliche Erkenntnisse über toxische Folgen beim Menschen noch fehlen, zeigt sich Ulf Järnberg vom Umweltforschungsinstitut der Universität Stockholm „tief beunruhigt wegen der langfristigen Auswirkungen“. Selbst ein sofortiges Verbot, für das sich unter anderem Schweden innerhalb der EU seit langem vergeblich engagiert – in Kanada ist PFOS seit Jahren verboten – würde nicht verhindern, dass die jetzigen Giftgehalte noch viele Jahrzehnte in der Natur zirkulieren.

REINHARD WOLFF

www.naturvern.no/cgi-bin/naturvern/imaker?id=69640