piwik no script img

berliner szenenBadeanzug so pink wie ihre Haare

Sportlich angezogen geht der Mann ins Wasser rein. Seine Klamotten, seine Schuhe und seine Sonnenbrille werden nass. Ich denke an Ganzkörpertaufen, wie ich sie aus Filmen kenne: im Fluss und mit weißen Tuniken. Der Mann hatte gejoggt und konnte es wohl bei der Hitze nicht mehr aushalten. Er taucht ein und verschwindet aus unserem Sichtfeld. Ich verstehe ihn, weil ich von Neukölln nach Krumme Lanke mit dem Rad fuhr und dachte, dass ich vielleicht an einem Hitzschlag sterben würde. Die Straße waren – bis auf die Schlange am Columbiabad – menschenleer. Am See treffe ich Bekannte, und wir quetschen uns, so gut wir können, denn es gibt keinen freien Zentimeter mehr. Wir haben Glück und finden unseren Nach­ba­r*in­nen sehr sympathisch. Sie sind teilweise nackt, tätowiert bis ins Gesicht und sprechen Portugiesisch. Eine von ihnen trägt einen Badeanzug mit der Schrift „Gorda“ („Fett“) so pink wie ihre Haare. Sie schlafen ineinander verschränkt, essen Sandwiches, spielen Wasserschlachten.

Wir sind eine ruhige Gruppe mit Hängematte und Schlauchboot. Wir unterhalten uns auf Spanisch und trinken Mate-Tee. Mit den Nach­ba­r*in­nen reden wir nicht viel, aber wir lächeln uns gegenseitig an, und am Ende sind unsere und ihre Sachen auf den Decken vermischt.

Später am Platz vor der U-Bahn-Station improvisiert eine von uns einen Rap über die Krumme Lanke, „eine Liebeserklärung“, sagt sie. Manche tanzen dazu, manche ­bilden eine zweite Stimme, und ein Mädel, das uns zu­gehört hatte, kommt auf uns zu und fängt ebenso an zu rappen. Die trinkenden Männer auf dem Platz werden still, um uns zuzuschauen, ein paar neugierige Eis Essende bleiben stehen, unsere Ufer­nach­ba­r*in­nen winken uns von der anderen Straßenseite zu.

Luciana Ferrando

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen