leserinnenbriefe :
Keine Äußerung
■ betr.: „Rot-Rot als Projekt der Versöhnung“ von Uwe Rada, Berliner Lokalteil, „Birthler-Behörde nicht gegen Rot-Rot“, Kurzmeldung, Inland Seite 6, taz vom 14. 10. 09
Mit großer Verwunderung habe ich die Überschrift zu dem heutigen Artikel von Uwe Rada „Birthler-Behörde nicht gegen Rot-Rot“ gelesen. Hierzu ist festzustellen, dass sich die Bundesbeauftragte, Marianne Birthler, zu diesem Thema nicht geäußert hat. Angeführt wurde der wissenschaftliche Mitarbeiter Helmut Müller-Enbergs, der nicht die Meinung der Bundesbeauftragten wiedergegeben hat.
MARIANNE BIRTHLER Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen
Für immer die „Andere“?
■ betr.: „Sarrazin abgewatscht“, taz vom 14. 10. 09
Diese ganze Debatte wird auf einem derartigen Stammtischniveau geführt, dass ich am liebsten vor Wut heulen würde. Ich habe mir jahrelang Mühe gegeben als Türkin bloß nicht erkannt und in eine Schublade gesteckt zu werden. Ich habe weder einen Akzent noch falle ich durch ein total schlechtes Sozialverhalten auf. Ich gelte als Musterbeispiel für eine gelungene Integration. Immer höflich und immer korrekt. Jetzt kommt aber das große „Aber“.Es wird immer von dem sogenannten Integrationswillen und der sogenannten Integrationsfähigkeit der Migranten gesprochen, aber wer interessiert sich denn für die Integrationsfähigkeit und den Integrationswillen der „richtigen“ Deutschen? Denn Integration sollte nicht einseitig sein. Sie muss von beiden Seiten kommen. Anstatt weiterhin dem Stammtischgelabere zu frönen, sollten sich qualifizierte Köpfe darum bemühen, reflektierte Diskussionen darüber anzuregen, welche Faktoren eine Integration fördern.
Ich hatte das Privileg, in einer Provinz aufzuwachsen und nicht in einem Ghetto, ich hatte das Privileg, in der Grundschule von meiner Klassenlehrerin niemals als Türkin, und somit nicht als „die Andere“, automatisch als außenstehend zu gelten. Aber ich habe mich mit einer Tatsache abgefunden: Egal wie gut ich deutsch spreche und schreibe, egal ob ich mich in der deutschen Sprache und Geschichte und Politik auskenne, ich werde anscheinend immer „die Andere“ bleiben. Immer die, die sich verteidigen muss, warum sie sich zum Beispiel so sehr für die deutsche Geschichte interessiert, dass sie sich sogar mit der deutschen Vertreibung beschäftigt. Irgendwann werde ich mir eine Pseudobiografie ausdenken. Ich behaupte, mein Urgroßvater sei in Königsberg (heute: Kaliningradskaja Oblast) geboren und von dort aus irgendwann in die Türkei ausgewandert … Vielleicht werde ich dann als Teil dieser Gesellschaft anerkannt und respektiert. Vielleicht irgendwann … KADIRIYE GÜVEN, Gießen
Tiere zur Ware degradiert
■ betr.: „Von Herzen und Nieren“, sonntaz vom 10. 10. 09
Rainer Schäfer verteidigt in seinem Artikel eine Esskultur, die zu hinterfragen längst überfällig geworden ist. Dabei ist jedoch nicht das Verschwinden alter Esstraditionen zu beklagen, sondern reale Opfer, die Tiere. Der Mensch baut jahrtausendelang sein Leben auf der Unterdrückung und dem Abschlachten unzähliger Tiere auf, die, anstatt ihnen als empfindungsfähige Wesen Respekt entgegenzubringen, zur Ware degradiert und zum Lebensmittel gemacht worden sind. Dass sich nun zaghaft, aber spürbar ein Unwille einstellt, uns nahe Verwandte zu essen, die der Mensch nur durch Gewalt zu Fleisch verwandelt hat, ist ein Hoffnungsschimmer – nicht nur für Tiere, sondern für uns alle. Denn dass sich Menschen über Tiere erheben und sie als verzehrbare Masse behandeln steht auch als ein Symptom dafür, wie der Mensch mit der gesamten Welt und seinen Ressourcen umgeht. Angesichts der globalen Probleme von Zivilisationskrankheiten, globalem Hunger, Verwüstung und anderen Umweltproblemen ist die Frage der Ernährung keine private, sondern eine politische Entscheidung. CHRISTINA MÖLLER, Dortmund
Rückschritt statt Fortschritt
■ betr.: „Arbeitgeber entschuldigt sich für Kündigung“,taz vom 14.10.09
Offensichtlich suchte und fand man einen Grund für eine preiswerte Trennung. Leider ist die betroffene Sekretärin in die Falle getappt. In der heutigen Zeit sollte man keine Büroklammer, keinen Schmierzettel usw. mehr mitnehmen. Das alles sind Gründe zur fristlosen Kündigung, weil das Vertrauen erschüttert ist.
Armes Deutschland. Statt Fortschritten gibt es im Arbeitsrecht nur noch Rückschritte. MARION MANNECK, Essen