: Wenig Schutz vor Bankentricks
GELD In Sachen Verbraucherschutz hinkt Deutschland bei der Finanzaufsicht anderen Ländern hinterher. Bessere Kontrolle würde Anlegern nützen und den Markt stabilisieren
VON RICHARD ROTHER
Verbraucher müssen besser vor den Tricks der Banken und Versicherungen geschützt werden. Die Finanzaufsicht in Deutschland hinkt beim Verbraucherschutz aber anderen europäischen Ländern hinterher. Zu diesem Ergebnis kommt ein vom Verbraucherzentralen Bundesverband in Auftrag gegebenes Gutachten, das am Donnerstag vorgestellt wurde. Demnach ist der Verbraucherschutz in die Aufgaben und Ziele der deutschen Finanzaufsicht kaum integriert. Dies stehe in Widerspruch zur EU-Gesetzgebung, hieß es.
Länder wie Großbritannien und Schweden hätten dagegen weitreichende Regeln beim Verbraucherschutz im Finanzsektor etabliert, wie Jürgen Keßler, Mitautor der Studie und Chef der Berliner Verbraucherzentrale, erläuterte. So gebe es etwa in Großbritannien einen Fonds, der Verbraucher entschädige, wenn ihr Finanzdienstleiter zahlungsunfähig sei. Zudem organisiere der Fonds ein weitreichendes Ombudsmann-System, das Verbrauchern helfe, Streitfragen mit ihren Banken außergerichtlich zu klären. Der Fonds werde mit Abgaben finanziert, die alle Anbieter von Finanzdienstleistungen entrichten müssen.
Eine bessere Finanzaufsicht würde nach Ansicht des Verbands positive Effekte für die Verbraucher und für die Stabilität des Finanzmarktes haben. „Anleger hätten mehr Sicherheit, und der Markt wäre vor gefährlichen Fehlentwicklungen besser geschützt“, so Verbandschef Gerd Billen. Produkte und Anbieter müssten in allen Geschäftsbereichen zugelassen und beaufsichtigt werden. Dies betreffe besonders den grauen Kapitalmarkt, der fast kontrollfrei existiere. Hier gebe es Signale, dass die künftige schwarz-gelbe Regierung dies ändern wolle.
Billen unterstützte zudem die Pläne von Union und FDP, die die Bankenaufsicht künftig bei der Bundesbank ansiedeln wollten. Zugleich müssten aber auch die Aufgaben der Aufsicht ausgeweitet werden. „Verbraucherschutz muss eine eigenständige Säule innerhalb der Finanzaufsicht sein“, sagte er.
Unzufrieden äußerte sich Billen über den Einfluss der Finanzindustrie auf die Politik. Angesichts der Finanzkrise sei es ein Ziel gewesen, ab dem kommendem Jahr zu einheitlichen Protokollen von Beratungsgesprächen zwischen Verbrauchern und Bankern zu kommen. Dieses Vorhaben sei aber verwässert worden: Jetzt könne jede Bank protokollieren, wie sie wolle. Zudem habe sich nur eine einzige Bank an die freiwillige Verpflichtung gehalten, ein standardisiertes Informationsblatt für ihre Finanzprodukte herauszugeben, das leicht verständlich Preis und Leistung erläutert. „Wir müssen die Finanzindustrie dazu zwingen“, forderte Billen.
Hintergrund ist: Den Verbrauchern entsteht laut Billen jährlich ein Schaden von rund 20 Milliarden Euro, weil sie von ihren Finanzdienstleistern falsch beraten oder über den Tisch gezogen wurden. Billen: „Vielen Verbrauchern werden Verträge aufgeschwatzt, die nicht ihnen, sondern den Banken und Versicherungen nützen.“