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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Risiken für die Flugdurchführung

■ betr.: „Deutschland bleibt am Boden“, taz vom 5. 9. 12

Seit etwa 1970 hat sich der Luftverkehr deutlich verändert, und durch die ausgehend von den USA betriebene Deregulierung haben sich nicht nur die Arbeitsbedingungen im Cockpit und für das Kabinenpersonal verschlechtert, sondern es haben auch die Risiken für die Flugdurchführung deutlich zugenommen. Die Arbeitsbedingungen für das Bordpersonal sind als zeitlich und räumlich entgrenzte Dienstleistungsarbeit in Nacht- und Schichtarbeit hinsichtlich der Belastungen und Beanspruchungen kaum Gegenstand öffentlicher Debatten. Dies gilt leider auch für hiesige arbeitswissenschaftliche Untersuchungen.

Umso wichtiger ist es, im Rahmen der gegenwärtigen Tarifauseinandersetzungen darauf hinzuweisen, dass Sicherheit und Gesundheit des Bordpersonals untrennbar verbunden sind mit der sicheren Flugdurchführung und einem qualitativ hochwertigen Angebot der Fluggesellschaften. Entsprechende Risiko-Management-Systeme dürften mit dem ausgedehnten Einsatz von Leiharbeitskräften allerdings kaum vereinbar sein. RAINER MÜLLER, JOACHIM LARISCH, Bremen

Grass ist kein Antisemit

■ betr.: „Judenhass findet sich in jeder Gesellschaftsschicht“,taz vom 6. 9. 12

Wie oft muss noch gesagt werden, dass notwendige Kritik an der israelischen Politik kein Antisemitismus ist? Der Holocaust hat die israelische Regierung leider nicht vor Fehlern geschützt. Ob man Günter Grass mag oder nicht, er ist kein Antisemit und sollte nicht als Beispiel genannt werden für Judenhasser in gehobener Gesellschaft. ANGELIKA LOTZ, Marburg

Den Trend verschlafen

■ betr.: „Mehr Räder für weniger Geld“, taz vom 6. 9. 12

Da muss man doch zum Kampfradler werden! Der Anteil des Radverkehrs soll um 50 Prozent steigen und die Investitionen in die Infrastruktur betragen nicht mal ein Prozent!? Das sieht im Übrigen auf kommunaler Ebene nicht besser aus, hier sind die Löcher in den Kassen noch größer. Durch den Erfolg der E-Bikes und der hohen Spritpreise wird der Anteil am Radverkehr automatisch steigen und diese Radfahrer werden sich dann ihre Wege suchen, ob mit oder ohne Planungschaos der Politik. STEPHAN KLÖCKNER, Hamburg

Schulische Praxis ist komplexer

■ betr.: „In sechs Jahren ist das alte Schulsystem tot“, taz v. 5. 9. 12

„Potenzialentfaltungscoach“! Er soll es also zukünftig schaffen, „jeden Schüler für etwas zu begeistern, was dem auf den ersten Blick egal ist“. Ferner wird er über Fähigkeiten verfügen, „aus einem zusammengewürfelten Haufen ein leistungsorientiertes Team zu machen“, so die Theorie des Hirnforschers Gerald Hüther.

Die schulische Praxis ist etwas komplexer. Erstaunliche Lernprozesse werden u. a. durch Lehrerpersönlichkeiten in Gang gesetzt und hinreichend Zeit, sich den einzelnen Schülern zuzuwenden, sie als Persönlichkeiten wahrzunehmen und zu achten. Was eine Lehrerpersönlichkeit ausmacht, war und ist Gegenstand immer wieder durchgeführter Befragungen bei Schülern und dürfte bekannt sein. BRIGITTA DORSCHFELDT, Berlin

Der Vorstoß ist zu hinterfragen

■ betr.: „Ökumene jetzt“ u. a., taz vom 7. 9. 12

Der Wunsch ist verständlich. Warum dürfen Protestanten nicht zur katholischen Eucharistie? Warum erkennt der Papst die anderen Konfessionen nicht als gleichwertig an? Doch bei näherem Hinsehen ist der Vorstoß der Prominenten zu hinterfragen.

Was verstehen sie unter „Ökumene“, was unter „Kirchenspaltung“? Ich habe die Vielzahl der Bekenntnisse immer als Bereicherung, nie als Belastung empfunden. Man kann den christlichen Glauben ganz unterschiedlich verstehen und praktizieren. Ziel kann es also nicht sein, ein Welteinheitschristentum herzustellen. Es genügt, wenn die Christen aller Konfessionen verständnisvoll miteinander umgehen, gleichberechtigt diskutieren. Spannungen können auch spannend sein. Übrigens nimmt die Treue zur eigenen Konfession ständig ab. Wichtiger als abstrakte Ökumene-Diskussionen ist es, glaubwürdig für das Evangelium zu werben. CHRISTIAN FUCHS, Gutenstetten