: Vier Wände für die Lidl-Kassiererin
Nordrhein-Westfalens Bauminister Wittke (CDU) will familienfreundlichere Kredite für die Finanzierung von Wohneigentum. Das Land könnte Bürgschaften übernehmen, um Risiken zu minimieren. Bürokratieabbau soll schnell umgesetzt werden
von SEBASTIAN KORINTH
Jungen Familien mit Kindern soll es leichter gemacht werden, in den eigenen vier Wänden zu wohnen. Die neue NRW-Landesregierung sieht den Weg dahin in einer Umkehr der Finanzierung: Die zukünftigen Eigentümer sollen zu Beginn nur geringe Teile des Darlehens zurückzahlen. Mit steigendem Einkommen nimmt danach auch die Belastung durch den Erwerb des Eigenheims bzw. der Wohnung zu. Die Landesregierung will also „die finanzielle Belastung umdrehen und an die Lebenssituation anpassen“, so Bauminister Oliver Wittke. Vor allem bedeute dieser Weg mehr Zeit und Geld für die Erziehung und Versorgung der Kinder: Sind diese älter, können beide Elternteile arbeiten gehen und Geld verdienen. Nach einer abgeschlossenen Ausbildung fallen weitere Kosten weg.
Mittel aus dem sozialen Wohnungsbau könnten zur Finanzierung der Idee beitragen. Schließlich werden immer weniger Mehrfamilienhäuser für einkommensschwache Mieter errichtet. Im Vorjahr wurden zum Beispiel nur 660 Mietwohnungen in Neubauten, aber 10.430 selbst genutzte Wohneinheiten (Eigentum) in NRW gefördert. Generell will der Bauminister die Förderung von bestimmten Objekten zurückfahren und Mietzuschüsse für Bedürftige stärken. Davon profitieren sollen sozial schwache Haushalte, Kinderreiche, die den Erwerb von Eigentum aus eigener Kraft nicht schaffen, und Senioren.
Investiert wird – auch angesichts des wahrscheinlichen Wegfalls der Eigenheimzulage – also vor allem in die Eigentumsförderung. „Ich will, dass auch die Lidl-Kassiererin in ihren eigenen vier Wänden wohnen kann“, sagt Oliver Wittke. Das Land NRW könnte zum Beispiel Bürgschaften übernehmen, um Risiken für die Kreditwirtschaft abzufedern. Entsprechende Verhandlungen zwischen der zuständigen Wohnungsbau-Förderungsanstalt (Wfa) und dem Ministerium laufen schon. Als Sicherheiten gibt es dann außerdem die Wohnungen oder Eigenheime.
Bereits heute bekommen Haushalte und Lebensgemeinschaften mit mindestens einer volljährigen Person und einem Kind bei dem Neubau oder Ersterwerb von Häusern und Eigentumswohnungen finanzielle Unterstützung – sofern sie zwischen zehn und 15 Prozent der Gesamtkosten tragen können.
Erleichtert wird künftig auch das Bauen außerhalb von Ortschaften oder Bebauungsplänen. Für die Genehmigung solcher Vorhaben sollen dann allein die Kommunen zuständig sein. Bisher müssen die Projekte zusätzlich von der Bezirksregierung abgesegnet werden. Zudem plant Wittke, die Anzahl der Bewilligungsbehörden für den sozialen Wohnungsbau zu reduzieren, indem Verbünde zwischen Städten geschaffen werden. Er will damit den versprochenen „Bürokratieabbau“ umsetzen.
Anlass für den Tatendrang des Ministers ist unter anderem Nordrhein-Westfalens niedrige „Eigentumsquote“, also der Anteil der Bevölkerung, der in der eigenen Wohnung lebt. Nur 39 Prozent der Landesbürger leisten sich zur Zeit das Leben in der eigenen Wohnung oder im eigenen Haus.