überm strich:
Ein kleiner Junge in Rettungsweste steht mit einer brennenden Seenotfackel in der Hand mit beiden Beinen im Kanalwasser von Venedig. Die Fackel leuchtet im Dunkeln rot – es ist Leuchtfarbe. Vermutlich ist es ein neues Werk des Streetart-Künstlers Banksy, das jetzt an einer Häuserwand in Venedig aufgetaucht ist. Wie die meisten seiner Werke ist es hoch politisch – gerade an diesem Dienstag, an dem der Kapitän des Rettungsschiffes „Lifeline“ zu 10.000 Euro Strafe verurteilt wurde. Er hatte im Juni zusammen mit seiner Crew mehr als 230 Migrant*innen aus dem Mittelmeer gerettet.
Unterdessen hat der Europäische Gerichtshof am Dienstag geurteilt, dass straffällig gewordenen Geflüchtete nicht immer ohne Weiteres abgeschoben werden dürfen. Der Entzug oder die Verweigerung des Asylrechts nach EU-Recht beeinträchtige nicht den Anspruch auf Schutz durch die Genfer Flüchtlingskonvention und die EU-Grundrechte, urteilte der EuGH. Drei Asylbewerber hatten geklagt, nachdem Belgien und Tschechien sie nicht anerkannt hatten. Laut Grundrechtecharta dürfen Menschen nicht in Länder abgeschoben werden, in denen ihnen etwa Folter droht. Kriminelles Verhalten spiele dabei keine Rolle, so das Gericht.
Um Menschenrechte ging es auch bei einem Flashmob, zu dem die Nichtregierungsorganisation Amnesty International am Dienstag in zehn deutschen Städten aufgerufen hatte. In Berlin lagen am Vormittag zwei Dutzend Menschen vor dem Brandenburger Tor auf dem Boden, scheinbar schlafend, bis jemand ein Radio anstellte, aus dem Schreckensnachrichten von ertrunkenen Flüchtlingen ertönten. Nach und nach erhoben sie sich und kreuzten die Arme zu einem „X“. So wollten sie auf Menschenrechte aufmerksam machen und junge Menschen zum Wählen animieren. Ähnliche Aktionen finden diese Woche europaweit in 15 Ländern statt.
Dass man sich um Menschenrechte auch in Westeuropa sorgen muss, zeigt eine Studie von SOS Homophobie, die kurz vor dem internationalen Tag gegen Homophobie, Transphobie und Biphobie am kommenden Freitag erschienen ist. Demnach habe es 2018 in Frankreich mehr als 230 gewaltsame Übergriffe auf Homosexuelle gegeben – das sind 66 Prozent mehr als im Vorjahr. Einschließlich Belästigungen und Beschimpfungen waren es mehr als 2.000 Fälle.
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