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Archiv-Artikel

Linux wird kalt abserviert

Seit einem Jahr prüft die Innenverwaltung die Umstellung der Behördencomputer auf Linux. Den Zwischenbericht halten die Grünen für „Larifari“. Microsoft lud gestern alle Abgeordneten zum Buffet

VON RICHARD ROTHER

Streit um die Computer in den Berliner Verwaltungen: Sollen die Rechner in den Behörden mit den Betriebssystemen des Softwarekonzerns Microsoft laufen, oder sollen sie so schnell wie möglich auf das kostenfreie Betriebssystem Linux umgestellt werden, weil dies billiger zu werden verspricht? Einen entsprechenden Prüfauftrag hatte das Abgeordnetenhaus bereits vor über einem Jahr an die Innenverwaltung gegeben. Die jetzt vorgelegte Antwort stößt allerdings auf Unbehagen. „In dem Bericht steht nur Larifari“, sagte die Grünen-Abgeordnete Barbara Oesterheld am Rande der gestrigen Abgeordnetenhaussitzung.

Nach dem derzeitigen Stand der Untersuchungen sei eine Umstellung auf Linux technisch grundsätzlich machbar, heißt es in dem Bericht, der dem für Finanzen zuständigen Hauptausschuss am Mittwoch vorgelegt wurde. In Zukunft werde es zu einer Koexistenz von herkömmlicher und der kostenfreien Software kommen. „Nach bisherigen Erkenntnissen ist Linux mit geringfügig geringeren Betriebskosten als Windows zu betreiben.“ Die Lauffähigkeit und die Umstellungskosten müssten zudem berücksichtigt werden. Derzeit sei „eine abschließende Beurteilung noch nicht möglich“.

Im Hauptausschuss habe man auf den Bericht mit Unverständnis reagiert, so Oesterheld. „Der Senat muss endlich Butter bei die Fische bringen.“ Selbst wenn eine Umstellung des Betriebssystems Kosten verursache, sei es richtig, sich nicht von einem Anbieter abhängig machen zu lassen, so Oesterheld. Stattdessen habe Berlin einen Rahmenvertrag mit Microsoft abgeschlossen, obwohl die Umstellung auf andere Systeme geprüft werden sollte. Welche Projekte seitdem initiiert wurden, wollte Oesterheld gestern vom Senat wissen. Die Beschaffung von Software sei im Vergabeverfahren erfolgt, so Wirtschaftsstaatssekretär Volkmar Strauch (SPD) vor dem Parlament. Dabei kämen eben Firmen mit den besten Angeboten zum Zug.

In anderen Städten ist man weiter als in Berlin. So will München bis 2008 seine Rechner von Microsoft Windows auf Linux umstellen. In Schwäbisch Hall in Baden-Württemberg ist das schon abgeschlossen – als erste Kommune in Europa stellte der Ort seine öffentlichen Rechner komplett auf Linux um. Hintergrund: Im Jahr 2001 waren die Gewerbesteuereinnahmen der Stadt um 85 Prozent eingebrochen. Auf der Suche nach Sparmöglichkeiten kamen die findigen Schwaben schnell auf ihre Microsoft-Produkte, zumal sie Lizenzkosten von 250.000 Euro in den folgenden zwei Jahren auf sich zukommen sahen. Das gesparte Geld kommt nun regionalen Dienstleistern zugute, die bei der Umstellung der Verwaltungsrechner helfen. Von den Cleverles im Südwesten können die Berliner noch einiges lernen. Die Abgeordneten waren gestern einstweilen zu einem opulenten parlamentarischen Abend geladen – von Microsoft.