wochenschnack: Die Versuchung von Bremen
Eine evangelikale Pfingstgemeinde möchte im Stadtteil Blumenthal ein Sozialzentrum errichten – Missionierung inklusive?
Religiöse Eiferer
Alle kirchlichen Träger missionieren in ihren Einrichtungen. Religiöse Eiferer, die von Gefolterten erzählen, auf Kinder loszulassen, ohne dass ihre „Geschichten“ wenigstens die FSK durchlaufen müssen, ist ein Unding. Zum Glück sind die meisten Kinder resilient genug, den Spuk wieder abzulegen, wenn ihr familiäres Umfeld nicht ins gleiche Horn stößt.
Volker Maerz, taz.de
Aus dem Glauben heraus handeln
„Ob die Einrichtung frei von religiöser Indoktrinierung funktioniert …“
Interessante Frage, denn wann ist etwas Indoktrinierung? Ist das Vorleben seines Glaubens und die Begründung des Handelns eben in diesem Glauben bereits Indoktrinierung? Oder fängt es erst dann an, wenn man Kinder mit den Inhalten der Bibel bekannt macht?
Was viele Menschen nicht verstehen (wollen, können, dürfen) ist, dass eine Person, die Christus nachzufolgen versucht, automatisch aus eben diesem Glauben handeln wird (jedenfalls überwiegend). In einer „gesunden“ Gemeinde gibt es dann auch keine „besseren“ oder „schlechteren“ Personen, jeder ist und bleibt Mensch, mit seinen Stärken, aber auch mit seinen Schwächen. Das wird sich genauso in der Arbeit im Projekt „Ermlandstraße“ zeigen wie in allen anderen Arbeiten der Oldenburger Gemeinde (und auch der Gemeinden hier in Bremen).
Und, wenn man Angst vor Indoktrinierung hat, warum stellt man nicht die gleiche Frage denen, die bei jeder Gelegenheit verkünden, der Glauben an (einen) Gott sein unsinnig?
Ich mache mir ehrlich gesagt wenig Sorgen um eine mögliche Indoktrination, einen Fahnenappell (wie er jüngst von einer Partei in Bremen vorgeschlagen wurde) wird es dort nicht geben, vielleicht aber etwas, was eine Welt ohne Gott nicht bieten kann. Und davor habe ich keine Angst, in Gegenteil, eine Welt ohne Gott fürchte ich viel mehr.
Und um einige Kommentare vorweg zu nehmen: Nein, ich gehöre weder der Oldenburger Gemeinde an noch kenne ich sie persönlich. Und ja, ich kenne aus eigener Erfahrung einige (auch sehr extreme!) Pfingstgemeinden in Europa, bin aber mit keiner verbunden.
Und nein, ich glaube nicht an Gott, ich weiß, dass es Ihn gibt, aber das ist meine persönliche Lebensgeschichte. Wer sie hören will, soll mich fragen.
Olav van Gerven, taz.de
Religion ersetzt keine Ethik
„Ist das Vorleben seines Glaubens und die Begründung des Handelns eben in diesem Glauben bereits Indoktrinierung? Oder fängt es erst dann an, wenn man Kinder mit den Inhalten der Bibel bekannt macht?“
Wie lebt man denn Glauben vor? Öffentliches Beten etc.? Das wäre Indoktrination. Muss man sein Handeln gegenüber Schutzbefohlenen aus dem Glauben heraus begründen? Da wäre eine logische Erklärung sicher angesagt.
Beispiel: Wenn Sie die Züchtigung von Schutzbefohlenen allein aus Ihrem Glauben heraus ablehnen, dann sind Sie aber arm dran. Religion ersetzt keine Ethik.
Deshalb sollten Sie Kindern auch nicht mit der Bibel kommen – da gibt es bessere, kindgerechtere Bücher, die die moralische Entwicklung der Kinder stützen können. Vor allem, reißen Sie das Alte Testament aus Ihrer Bibel heraus, das ist nicht jugendfrei.
taz nord | Stresemannstraße 23 | 22769 Hamburg | briefe@taz-nord.de | www.taz.de
Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von Leserbriefen vor.
Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
SchnurzelPu, taz.de
Abzulehnen
Immer wieder interessant. Beim Thema Rassismus und Antisemitismus ist das Forum voll mit berechtigter Kritik. Beim Thema Homophobie wird Verständnis für christliche Fundamentalisten gezeigt oder es wird gleichgültig überlesen!
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist vollständig abzulehnen.
Frederik Andersen, taz.de
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen