: Doch keine Sensation
ARCHÄOLOGIE Kein Frevel am Weltkulturerbe – die jüngst gefundene, zerstörte Ziegelei war gar keine
Ein neues Forschungsprojekt zu Bremens Gründungs- und Hafengeschichte stellte gestern Landesarchäologin Uta Halle vor. Zugleich entkräftete sie Vorwürfe, ihre Behörde habe ohne weiteres ein ebenso anschauliches wie zentrales Stück Stadtgeschichte dem Gewerbe geopfert.
Im August wurden in der Überseestadt historische Fundamente ausgegraben – und sofort mit einem Bürohochhaus überbaut. Die Bild sprach von einem „Sensationsfund“: Der für Stadtarchäologie zuständige Dieter Bischop hatte zuvor der Presse erklärt, „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ seien hier die Ziegel des Bremer Rathauses gebrannt worden. Und das ist immerhin Weltkulturerbe. Damit sorgte er für einige öffentliche Aufregung. Nachdem klar war, dass das Fundstück nicht gerettet wird, habe sie einige „böse Mails“ bekommen, sagte Landesarchäologin Uta Halle gestern.
Zu Unrecht: „Das war kein Ziegelofen“, sagt Halle, zugleich Professorin für Ur- und Frühgeschichte an der Uni Bremen. Die sähen nämlich ganz anders aus. Und „schon gar nicht“ sei es eben jener gewesen, in dem einst die Steine fürs Rathaus entstanden. Denn dann hätten die gefundenen Ziegel, auf der Innenseite des vermeintlichen Ofens, porös sein müssen, wegen des ständigen Wechsels von Hitze und Kälte. Waren sie aber nicht. Sicher sei nur, so Halle, dass es hier ein „einmaliges Brennereignis“ gab. Details werden gerade noch erforscht. Vielleicht stamme der Ofen aber gar nicht aus dem Spätmittelalter, so Halle, sondern aus dem 17., 18, oder sogar 19. Jahrhundert, als Zeugnis vormoderner Industrialisierung.
Viel früher zurück reicht dagegen das neue Forschungsprojekt, für dass Halles Behörde 266.000 Euro von der Deutschen Forschungsgemeinschaft bekommt. Es erforscht Bremens Geschichte im ersten Jahrtausend anhand früher Hafenanlagen. Elf Fundstellen werden untersucht, mit Hilfe bisher nicht eingesetzter Technik, die zerstörungsfrei arbeitet. Was war wichtiger für Bremens Entwicklung, der Land- oder der Wasserweg? Das ist die Frage. Ersteres, hieß es bisher meist. Aber auch das muss wohl korrigiert werden. MNZ