wochenschnack: Der Hinterum-Politiker
Am vergangenen Wochenende widmeten wir uns unter anderem der stillen, aber effektiven Karriere des Hamburger SPD-Politikers Johannes Kahrs
Andere unfair wegbinschen
Wie kann einem das Leben Spaß machen, wenn man so ist? Versteht das jemand? Wenn man sich und andere erniedrigen, andere unfair wegbinschen musste, um seine Ziele zu erreichen – wie kann man das Erreichte genießen? miri, taz.de
Immer wieder ein Adrenalinschub
@miri Sie wissen ja nicht, was ihm Spaß macht, ob er überhaupt was genießen kann, was nicht von anderen vorgegeben wird.
In der Politik ist eben der Kampf gegen innerparteiliche Feinde und der Sieg über diese immer wieder ein Adrenalinschub, der für diejenigen, die nix anderes kennen, ausreichend ist, um weiterzuleben. Man kann das und das damit verbundene Karrieredenken als Fetisch bezeichnen, der wie das Manna in das leere Leben von unzufriedenen Kleinbürgern fällt.
Wenn Sie mit den Hauptcharakteren umgehen wollen, dann werden Sie hier wohl am ehesten den depressiven Charakter finden, der sich seit seiner Kindheit nach Liebe sehnt und sie doch nie bekommen hat. In der Regel endet so was wie bei Schröder und Fischer in völliger Beziehungsunfähigkeit mit -zig PartnerInnen (und bei Putin) oder bei einem geschlossenem Fallschirm wie bei Möllemann. Genießen können die nix, weil sie nie was anderes gelernt haben. Oder warum machen Politiker auch noch weiter, wenn andere längst sich auf ihren Ruhestand freuen und längst ausgesorgt haben für sich?
Was mir aber auffällt, ist, dass früher eher diejenigen sich in diese Falle begaben, die aus sehr kleinen, miesen Verhältnissen kamen und durch Politik den Aufstieg schafften (wie eben Schröder und Fischer) und heute, wohl auch, weil es aufgrund der undurchlässiger gewordenen Gesellschaft kaum noch Aufsteiger gibt, sehr oft Menschen sind, die sich als Minderheiten, zum Beispiel hier als Schwule und Lesben, zurückgesetzt fühlten und nun, nachdem dies kein Makel mehr scheint, in der Politik Anerkennung und Zuneigung suchen. Wie eben hier Kahrs oder auch solche Typen wie Spahn und Weidel.
Age Krüger, taz.de
Grundtrieb an Aggressionen
Der Punkt ist doch, dass Kahrs als Bundestagsabgeordneter die gleiche Wortwahl, den gleichen Intellekt und die gleichen Fähigkeiten radiiert wie als wilder Juso, den damals einige seiner eigenen Gefolgsleute schon kaum aushalten konnten.
Wenige hätten wohl auf ihn und seinen Aufstieg gewettet, aber er beweist eben, dass eine Durchsetzungsfähigkeit und ein Grundtrieb an Aggressionen in dieser Sparte zum Erfolg führen können. Aber Erfolg ist eben hier nicht, dass Kahrs was für seine Wähler, seinen Wahlkreis oder seine Fans macht, sondern er ist eine Ich-AG und war schon für Hartz IV, als Schröder noch nicht mal daran dachte.
In gewisser Weise war Kahrs schon ein Agenda-Mann, als Schröder noch im links-liberalen Lager fischen wollte.
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Das ist bemerkenswert, aber es sagt viel darüber aus, was in seinem Kopf vorgeht und das ist glaube ich das Wort ICH ICH ICH.
Kahrs gab sich auch gerne als natürlicher Erbe von Helmut Schmidt aus, möglicherweise hat er sogar mal mehr als das Vorwort dessen Bücher gelesen, aber sonst steht da sehr viel zwischen ihm und seinem Idol.
Kahrs wird eventuell noch einen Schrebergarten nach sich benannt bekommen oder eine SAGA-Siedlung, die trostlos aussieht. Oder einen Kahrs-Brunnen auf irgendeinem öden Platz in St. Georg.
Wenn es mit der SPD so weiter nach unten geht, sind auch seine Tage gezählt. Andreas_2020, taz.de
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