Legal am Parlament vorbei

Kein zweites Grass-Desaster: Werders 40.000-Euro-Kopie der Meisterschale darf Henning Scherf (SPD) aus der Privatschatulle der Senatskanzlei bezahlen

Bremen taz ■ 16. Mai 2004: „Werder ist Meister!“ Der Jubel war groß, das Geschenk schnell gemacht: Eine originalgetreue Kopie der Meisterschale sollten die Werderaner bekommen, handgefertigt von der Bremer Silberschmiede Koch & Bergfeld. So hatte es Bürgermeister Henning Scherf (SPD) im Taumel des Sieges versprochen (taz berichtete). Doch wer bezahlt jetzt die fälligen 40.000 Euro?

Beglichen werden muss die Rechnung aus der Privatschatulle der Senatskanzlei, gefüllt mit jährlich 180.000 Euro. Nur in diesem Haushaltsposten lässt sich ein solches Geschenk verbuchen, ohne dass das Parlament dem zustimmen müsste. Den „Senatsfonds zur freien Verfügung des Senats“ darf Scherf verteilen, ohne dass das Parlament Einblick nehmen könnte. Ob noch genügend in dem Topf ist, weiß also nur die Staatskanzlei. Bezahlt ist die Rechnung jedenfalls noch nicht, sagt Heiner Heseler, Abteilungsleiter im Rathaus. Doch er lässt keine Zweifel aufkommen: Man werde das Geld demnächst überweisen – ganz legal.

Auf gleiche Weise hatte die Senatskanzlei im vergangenen Jahr 500.000 Euro an die Grass-Stiftung gegeben – in der haushaltslosen Zeit, eigenmächtig und am Parlament vorbei, wohl wissend, dass dieses die milde Gabe verweigert hätte. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den Chef der Senatskanzlei, Reinhard Hoffmann (SPD). Die Summe hätte in den Bremer Haushalt eingestellt werden sollen, so der Vorwurf.

Ein solches Desaster wird es dieses Mal wohl nicht geben. Denn im Fall der Meisterschale habe der Haushaltsausschuss der Bürgerschaft noch nicht einmal gefragt werden müssen, sagt Heseler – „zu gering“ sei die fragliche Summe von 40.000 Euro. Erst ab 100.000 Euro müsse das Parlament unterrichtet werden.

Dennoch ist das Duplikat der Schale keineswegs „ein ganz gewöhnliches Geschenk“, das gibt auch Heseler zu. Schließlich besteht sie aus vergoldetem 925er Sterling-Silber, 21 Edelsteine nicht zu vergessen. Jubilare etwa bekommen vom Rathaus lediglich eine Flasche Wein geschenkt.

Doch der sportliche Erfolg der Werderaner wiege das kostbare Geschenk mehr als auf, rechnet Heseler vor: Allein die vier Champions-League-Spiele im Weser-Stadion hätten der Stadt 200.000 Euro an „unmittelbaren Einnahmen“ gebracht. Damit komme das Stadion ohne weitere Zuschüsse aus dem Landeshaushalt aus. mnz