: Plutonium-Fracht erreicht Niedersachsen
SCHIFFFAHRT Proteste von Atomkraft-Gegnern in Nordenham und Grohnde begleiten die Ankunft des mit Kernbrennstäben aus Sellafield beladenen Frachters „Atlantic Osprey“ an der Wesermündung
Die „Atlantic Osprey“ mit acht Mischoxid-Brennelementen (Mox) für das AKW Grohnde an Bord hat am Sonntagnachmittag das niedersächsische Nordenham erreicht. Der Frachter wurde von Polizeischiffen begleitet.
Bis Sonntagmittag war über den Standort des am Mittwoch im britischen Hafen Workington gestarteten Schiffes nur spekuliert worden. Denn die Besatzung hatte das Automatische Identifikations-System (AIS) abgeschaltet.
Das Schiff wurde 1986 in Hamburg gebaut und von verschiedenen Reedereien zunächst als Roll-on/Roll-off-Fähre genutzt – unter anderem zwischen Bremen/Bremerhaven und britischen Städten. Nach der Insolvenz des letzten deutschen Besitzers ging das Schiff 2001 an den staatlichen Atomkonzern British Nuclear Fuels. Seit 2005 gehört es den International Nuclear Services. Das Schiff befördert seither Brennelemente und anderes Nuklearmaterial.
Umweltverbände wie „Robin Wood“ bemängeln ein „völlig veraltetes“ Bauprinzip mit nur einer Maschine, einem Ruder und einer Rumpfhülle. Der Besitzer dagegen verweist auf 2001 erfolgte Nachrüstungen mit zusätzlichen Schotts, einer fest installierten Wasserlöschanlage und einem CO2-Löschsystem. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace berichtet allerdings von einem Brand im März 2002 vor Manchester, der mit bordeigenen Mitteln nicht zu löschen gewesen sei.
Auch Atomkraftgegner ließen am Nachmittag bei Nordenham ihre Boote zu Wasser. Greenpeace habe mit Schlauchbooten auf der Unterweser gegen den Transport protestiert, sagte ein Sprecher.
Erste Aktionen gegen den Mox-Transport waren bereits am Freitagabend angelaufen. Am AKW Grohnde zogen nach Polizeiangaben knapp 60 Aktivisten zu einer Mahnwache auf. Sie bekamen am Sonntag Verstärkung durch einen Trecker-Konvoi.
Auch in Nordenham gab es während des ganzen Wochenendes Proteste. Grüne und Linke hatten zur Beteiligung an einem „Sonntagsspaziergang“ aufgerufen. Für Kraftfahrzeuge war das Hafengebiet von der Polizei weiträumig abgesperrt worden.
Die acht in der britischen Atomfabrik Sellafield gefertigten Mox-Brennelemente aus Uran- und Plutoniumoxid werden nach Angaben des Betreibers Eon im Grohnder Reaktor zur Stromproduktion eingesetzt. Im November sollen weitere acht Brennelemente kommen. Insgesamt rechnen die Energiekonzerne für die nächsten Jahre mit 100 weiteren Mox-Kernbrennstäben aus britischen und französischen Wiederaufarbeitungsanlagen. REIMAR PAUL