Geisterprozess im Landgericht

Im Verfahren gegen ehemalige Manager der Bankgesellschaft fühlen sich die Angeklagten völlig zu Unrecht vor Gericht gestellt. Der Prozess bediene lediglich die öffentliche Erwartungshaltung

VON RICHARD ROTHER

Vor dem Moabiter Strafgericht lässt sich der Niedergang Berlins trefflich studieren: Ein Café bietet ein kleines Frühstück für 1 Euro an, um Kundschaft zu locken; in den Baumscheiben am Straßenrand wuchert das Unkraut, weil der Bezirk offenbar kein Personal für die Beseitigung hat; und vor den Eingängen zum Gericht bilden sich lange Schlangen, weil das Land Berlin sich die Justizbeamten sparen will, die weitere Tore öffnen könnten. „Jeden Morgen das gleiche Chaos“, schimpft eine Beamtin. Gerade hat sie einen Tross von Ex-Bankern der Bankgesellschaft und ihren Anwälten durchgewunken, die sich gestern wieder im großen Saal des Gerichts wegen umstrittener Kredite an die Immobilienfirma Aubis verantworten müssen, darunter der ehemalige CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky.

Dass die Berliner Finanzmisere irgendetwas mit ihnen zu tun haben könnte, würden die angeklagten Ex-Banker weit von sich weisen – sicher ist: Die Millionen, die beim Aubis-Engagement in den Sand gesetzt wurden, hätten die Bank nicht ruiniert. Selbst die Milliarden, die der Bankenskandal Berlin kostet, machen nur einen kleinen Teil der Finanzprobleme der Stadt aus. Klar ist aber auch: Eine erfolgreiche Bank, die mehrheitlich dem Land gehört, hätte nicht nur viel Geld gekostet, sie hätte die Stadt stärken können – gerade in wirtschaftlich schwachen Zeiten. Jetzt werde die Bankgesellschaft zerschlagen, klagte gestern Ex-Banker Wolfgang Steinriede vor Gericht, und damit die Chance vertan, dass Berlin Sitz eines bedeutenden Kreditinstituts bleibe.

Steinriede fühlt sich – wie die anderen Banker – zu Unrecht vor Gericht. Die Vorwürfe des Vorsatzes hätten ihn „zutiefst verletzt“, sagte der 71-Jährige. Motiv für den Vorwurf der schweren Untreue der Staatsanwaltschaft solle sein, die Bankgesellschaftstochter BerlinHyp zu einer der größten Hypothekenbanken des Landes entwickelt haben zu wollen. Wie solle das gehen, fragt Steinriede, „wenn man sich dafür faule Kredite ins Haus holt?“ Die Manager sind angeklagt, in den Jahren 1996 und 1997 einer Kreditvergabe über 235 Millionen Euro an Aubis zugestimmt zu haben, ohne die Bonität der Unternehmenschefs ausreichend zu prüfen. Die Kredite sollen Vermögen der BerlinHyp gefährdet haben.

Der Prozess komme politischen Kreisen entgegen, die den ehemaligen CDU-Fraktionschef vor den nächsten Abgeordnetenhauswahlen auf der Anklagebank sehen wollten, sagte Steinriede. Er werde gezwungen, ein Vermögen auszugeben, um sich vor Gericht gegen die Vorwürfe verteidigen zu lassen. Zudem müsse sich der Aufsichtsrat auf den Vorstand verlassen können.

Ex-BerlinHyp-Vorstandsmitglied Klaus-Rüdiger Noack bezeichnete die Vorwürfe als „absurd“. Er habe das Aubis-Engagement stets kritisch begleitet und das Risiko für die Bank für vertretbar gehalten. Er sei stets bemüht gewesen, einen Schaden von der Bank abzuwenden. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass für meine Kollegen etwas anderes gilt.“ Die argumentieren: Wären die Folgekredite nicht an Aubis ausgereicht worden, wäre der Schaden für die Bank deutlich höher gewesen.

Der Prozess wird morgen fortgesetzt.