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Archiv-Artikel

Warnungen und Drohungen in New York

UN Drei Themen haben die Generalversammlung in New York bestimmt: Iran, der Nahe Osten – und der Inselstreit zwischen Japan und China. Israels Premier Netanjahu inszeniert dabei großes Drama

„Es gibt immer noch eine Chance für die Zwei-Staaten-Lösung“

MAHMUD ABBAS

GENF taz | Die diesjährige UN-Generalversammlung wird weiterhin von den diversen Konflikten im Nahen und Mittleren Osten beherrscht. Das Treffen der Staats-und Regierungschefs der 193 UN-Mitgliedsstaaten wurde aber auch zur Bühne für den eskalierenden Inselstreit zwischen Japan und China.

Israels Premierminister Benjamin Netanhaju forderte bei einem dramatischen Auftritt in der Nacht zum Freitag, die Staatengemeinschaft müsse eine „rote Linie“ für das iranische Nuklearprogramm ziehen. Andernfalls werde Teheran „spätestens im Sommer 2013“ die Fähigkeit zum Bau von Atomwaffen erlangt haben, warnte der israelische Premier. Unter Berufung auf die Internationale Atomenergieagentur (IAEA) in Wien behauptete Netanjahu, Teheran habe bereits 70 Prozent des Urans angereichert, das es für Atomwaffen benötige. Diese Behauptung wurde von der IAEA auf Nachfrage der taz nicht bestätigt. Während seiner Ausführungen holte der israelische Regierungschef die Zeichnung einer Bombe hervor, symbolisch unterteilt in die verschiedenen Etappen der Urananreicherung. Dann nahm Netanjahu einen roten Filzstift und markierte eine fette Linie am oberen Ende der cartoonartigen Bombenskizze, kurz vor der Zündschnur. Spätestens hier müsse Teheran gestoppt werden – sonst sei die „Zukunft der Welt“ in Gefahr.

Vor dem Auftritt Netanjahus hatte der Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde Mahmud Abbas vor der Generalversammlung den Antrag eingebracht, den Status Palästinas von einer „beobachtenden Körperschaft“ zu einem „beobachtenden Mitgliedsstaat“ aufzuwerten. Dieser Status würde Palästina Klagen vor dem Internationalen Gerichtshof und dem Internationalen Strafgerichtshof wegen der völkerrechtswidrigen Besatzungspolitik Israels oder wegen Menschenrechtsverletzungen ermöglichen sowie den Beitritt zu UN-Sonderorganisationen erleichtern. Beobachter gehen davon aus, dass bis zu drei Viertel der UN-Mitgliedsstaaten diesen Antrag unterstützen. Wann die Abstimmung in der Generalversammlung stattfindet, ist allerdings noch offen.

Weil die Friedensgespräche mit Israel seit zwei Jahren in einer Sackgasse stecken, bat Abbas den UN-Sicherheitsrat, mit einer Resolution die Richtlinien für die Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern vorzugeben. Es gebe immer noch eine Chance – „vielleicht die letzte“ – für eine Zwei-Staaten-Lösung.

China und Japan lieferten sich vor der Generalversammlung einen heftigen Schlagabtausch im Streit um eine Inselgruppe nordöstlich von Taiwan. Der chinesische Außenminister Yang bekräftigte, dass die Inseln von alters her zu China gehört hätten und 1895 von Japan nach einem Krieg besetzt worden seien. Yang verurteilte den Kauf einiger der Inseln in diesem Monat durch die japanische Regierung. „Diese von Japan unternommenen Schritte sind absolut illegal und ungültig“, sagte Yang. Das könne nicht die historischen Tatsachen ändern, dass Japan die Inseln gestohlen habe und China die Souveränität über sie besitze.

Darauf erwiderte der stellvertretende UN-Botschafter Japans, Kazuo Kodama, es gebe keinen Beweis dafür, dass die Inseln zu China gehörten. Erst in den 1970er Jahren hätten China und Taiwan Ansprüche geltend gemacht. Chinas UN-Botschafter Li Baodong konterte: „Der jüngste sogenannte Kauf der Inseln ist nichts anderes als Geldwäsche.“

Der neugewählte libysche Staatschef Mohammed Magarief nutzte seinen ersten Auftritt, um sich für die Verbrechen des langjährigen Diktators Muammar al-Gaddafi zu entschuldigen.ANDREAS ZUMACH

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