Hajo Schiff Hamburger Kunsträume: Tröstlich tönende Technik
Da wird an der Uhr gedreht und schon wird es zur Strafe ständig dunkler: die richtige Zeit für tröstlich tönende Lichtinstallationen. So beginnt die Verwandlung des Herrschaftssaals von Schloss Agathenburg durch die Künstler der Dresdner „ruestungsschmie.de“ in einen audiovisuellen Erlebnisraum am heutigen Samstag um 18 Uhr. Speziell entwickelte Licht- und Soundkunst-Installationen verschieben dann noch bis Anfang Dezember das historische Ambiente am Geestrand nahe Stade ins Irreale – auch wenn die Geräusche mit elektronischen Tricks ganz direkt aus der Bausubstanz abgegriffen werden.
Technik bringt ein altes Haus zum Klingen, Technik kann den Menschen ersetzen. Wenn schon nicht bei Poesie und Ideen, so doch bei der Arbeit: Ist der Roboter deshalb ein lästiger Konkurrent oder ein befreiender Segen? „Out of Office“ nennt das Museum für Arbeit in Barmbek seine am Mittwoch beginnende Ausstellung mit elf Stationen zu Robbies und Künstlicher Intelligenz (KI). Am nächsten Samstag gibt es dann in Kooperation mit dem Bucerius Lab von 11 bis 19 Uhr ein großes Eröffnungsfestival in allen Räumen mit Kurzfilmen und Digitalproduktionen, mit Zukunftsbüro und Bewerbungsbeurteilungen durch Roboter, mit Künstlergesprächen zur Virtual Reality oder mit Überlegungen eines Star-Trek-Experten, wann die KI die Projektionen aus den bekannten Science-Fiction-Filmen eingeholt haben wird. Der Eintritt ist frei, aber eine Anmeldung nötig unter outofoffice.hamburg.
Mancher hofft ja, dass die KI wenigstens eines nicht von der Menschheit lernt: deren nie endender Furor, immer wieder grauenvolle Kriege anzuzetteln. Wenn 1918 der Hamburger Franz Nölken an der Westfront in Frankreich sterben muss, so ist das besonders tragisch. Denn der nur 34 Jahre alt gewordene Maler hat immer wieder Paris besucht, um den neuen Geist der französischen Malerei zu erlernen, zuletzt noch 1914. Er studierte bei Matisse, bewunderte Degas, Renoir, Cézanne und Picasso – und ist doch heute weitgehend unbekannt.
Das will das Barlach Haus im Jenisch-Park ändern: Mit einer Ausstellung von rund 70 Gemälden, Zeichnungen und Drucken aus dem Zeitraum 1904 bis 1916, die am Sonntag um 11 Uhr mit einem Cello-Spiel eröffnet wird. Das muss ein Roboter erst noch lernen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen