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Archiv-Artikel

Euthanasie

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Geplante Euthanasie

T4 bezeichnet das Euthanasie-Programm der Nazis. Die Zentrale lag in der Tiergartenstraße 4, Berlin. Zwischen 1939 und 1941 wurden 70.253 PatientInnen von Heil- und Pflegeanstalten ermordet. Es gab 6 Tötungsanstalten: Grafeneck, Brandenburg, Bernburg, Hadamar, Hartheim und Sonnenstein. Die Aktion wurde getarnt durchgeführt: Die „Reichsarbeitsgemeinschaft Heil- und Pflegeanstalten“ wählte die Patienten aus und die „Gemeinnützige Krankentransportgesellschaft“ transportierte sie. Die „Gemeinnützige Stiftung für Anstaltspflege“ und die „Zentralverrechnungsstelle Heil- und Pflegeanstalten“ verwalteten die Aktion.

Wilde Euthanasie

Obwohl 1941 ein Euthanasie-Stopp erlassen wurde, gingen die Tötungen in Absprache mit der T4-Zentrale weiter. Das Pflegepersonal tötete jetzt nicht mehr mit Gas, sondern durch Überdosierung von Medikamenten, Hungerkost und nachlässige Betreuung. Der Kreis der Opfer wuchs: Menschen, die nach Bombenangriffen mit Verwirrungszuständen aufgefunden wurden, durch Kriegsereignisse traumatisierte Soldaten und verurteilte „kriminelle Geisteskranke“ zählten zu den Opfern. Den Angehörigen wurden falsche Todesursachen genannt.

Prozesse bis 1947

Im „Ärzte-Prozess“ standen zwischen Oktober 1946 und August 1947 frühere Wehrmachts- und SS-Ärzte vor Gericht, unter ihnen auch zwei Hauptverantwortliche für die Durchführung des Euthanasie-Programms (Karl Brandt und Victor Brack, beide 1947 hingerichtet). Der einzige von den Alliierten durchgeführte richtige Euthanasie-Prozess war das „Hadamar-Verfahren“ im Oktober 1945: Ein amerikanisches Militärgericht verurteilte in Wiesbaden sieben Ärzte und Angestellte der Euthanasieanstalt Hadamar wegen ihrer Rolle bei der Ermordung sowjetischer und polnischer Zivilisten. Im Juli 1947 wurden einer der „Obergutachter“ des T4-Programms, Paul Nitsche, und drei weitere Angeklagte zum Tode verurteilt. Insgesamt, mitgerechnet Verfahren in der Sowjetischen Besatzungszone und in Österreich, wurden bis 1947 sieben Todesurteile und 31 Haftstrafen ausgesprochen.

Wiederaufnahmen in den 60ern

Die wichtigsten Verfahren in den 60er-Jahren führte der Frankfurter Generalstaatsanwalt Fritz Bauer: Im Verfahren gegen die in den Anstalten Brandenburg, Bernburg und Sonnenstein tätig gewesenen Ärzte Ullrich, Bunke, Borm und Endruweit wurde im Mai 1967 vom Landgericht Frankfurt ein erstes Urteil gesprochen, aber erst 1988 fällte der Bundesgerichtshof das rechtskräftige Urteil: je drei Jahre Haft.

1968 wurden die Funktionäre der T4-Aktion Allers und Vorberg zu acht bzw. zehn Jahren verurteilt. 1970 verurteilte das Landgericht Frankfurt die leitenden T4-Funktionäre Becker und Lorent zu zehn bzw. sieben Jahren. Das Verfahren gegen den Assistenzarzt Borm, der in Sonnenstein und Bernburg tätig gewesen war, endete 1974 mit Freispruch.

Das für die Euthanasie-Morde im österreichischen Hartheim wichtigste Verfahren war der Prozess gegen Georg Renno. 1967 klagte die Frankfurter Staatsanwaltschaft auf Beihilfe zum Mord. Renno ließ sich im März 1970 Verhandlungsunfähigkeit bescheinigen. 1975 musste das Verfahren eingestellt werden. Der Staatsanwaltschaft blieb als einzige Sanktion, ihm den Führerschein zu entziehen. Der „Schwerkranke“ starb 1997.

Weiterführende Literatur

Udo Benzenhöfer: „Der gute Tod. Euthanasie in Geschichte und Gegenwart“. C. H. Beck, München 1999, vergriffen. Klaus Dörner: „Vernichten und Heilen“. Aufbau, Berlin 2002, 675 Seiten, 12,50 Euro. Ernst Klee: „Deutsche Medizin im Dritten Reich. Karrieren vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt 2001, 416 Seiten, 25 Euro. Paul Weindling: „Nazi Medicine and the Nuremberg Trials: From Medical War Crimes to Informed Consent“. Palgrave-Macmillan, 2004