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Archiv-Artikel

DIE LUXUS-VORWÜRFE GEGEN LAFONTAINE FÜHREN IN DIE IRRE Linke müssen nicht Erbsensuppe essen

Es gibt gute Gründe, Oskar Lafontaine zu kritisieren und zu wünschen, dass er nie in die politische Arena zurückgekehrt wäre. Sein unappetitlicher Flirt mit der extremen Rechten – Stichwort: Fremdarbeiter – ist nur einer davon. Es gibt weitere. Zum Beispiel den: Mit der unwürdigen Form seines vorübergehenden Rückzugs hat er vor allem den Anhängern seiner Position geschadet. Die kämpften danach bergauf.

Lafontaine war persönlich so diskreditiert, dass allein der Hinweis, er habe sich einst so oder ähnlich geäußert, lange als überaus nützliches Totschlagargument diente. Mehr Mühe mussten sich seine Gegner gar nicht geben. So leicht hätte es ihnen der ehemalige SPD-Vorsitzende nicht zu machen brauchen – und seinen Gesinnungsgenossen nicht so schwer.

Hinzu kommt, dass Lafontaine ausgerechnet jenen gegenüber eine fast beispiellose Verachtung an den Tag gelegt hat, die ihn gewählt haben. SPD- Mitglieder, die erfahren wollten, weshalb er den Parteivorsitz hingeschmissen hatte, mussten dafür entweder eine Springer-Zeitung oder ein Buch kaufen. Eine öffentliche, allgemein zugängliche Erklärung hat er niemals für nötig gehalten.

All das ist unerfreulich. Zwei Dinge aber sollten niemals gegen Lafontaine angeführt werden: Lebensstil und Vermögensverhältnisse. Wer meint, Linke müssten bescheiden leben oder dürften nur wenig verdienen, der verwechselt eine politische Haltung mit Wohltätigkeit oder mit Religion.

Linke sind keine besseren Menschen, und sie sollten diesen Anspruch auch nicht erheben. Sie halten lediglich eine bestimmte Organisation von Staat und Gesellschaft für richtig. Das Motiv dafür darf durchaus egoistisch sein. Man kann ein persönliches Interesse daran haben, dass der soziale Frieden gewahrt bleibt. Das Kind ohne Leibwächter in die Schule schicken zu können, beispielsweise.

Wer Erbsensuppe isst, obwohl er Fischeier bevorzugt und sich leisten kann, ändert an den Verhältnissen gar nichts. Auch nicht, wer einem Großkonzern die Kosten für einen Privatjet erspart und Charter fliegt. Alle Diskussionen darüber liefern nur Wahlkampfmunition für die Gegenseite. Kostenfrei. Wie es Linken halt zukommt. BETTINA GAUS