Polizei fasst gesuchte Terrorverdächtige

Eine auf Arabisch geführte und zufällig mitgehörte Unterhaltung führte in Hamburg zur größten Fahndung der Nachkriegsgeschichte. Die geheimnisvollen Flüsterer scheinen gefunden. Hinweise auf einen Anschlagsplan gibt es noch nicht

AUS HAMBURG GERNOT KNÖDLER

Ein paar arabische Worte, aufgeschnappt vor einem S-Bahnhof, haben genügt, um am Donnerstagabend eine Großfahndung der Hamburger Polizei auszulösen. Ein Zeuge hatte am Mittwochabend eine auf Arabisch geführte Unterhaltung dreier Männer belauscht, in der sinngemäß gesagt wurde: „Wir werden morgen als Held vor Allah stehen.“ Der Mann habe lediglich „Sprachfetzen“ verstanden, sagte Polizeipräsident Werner Jantosch. Vor dem Hintergrund der Anschläge in London glaubte Innensenator Udo Nagel (parteilos) jedoch, eine der größten Fahndungen der Nachkriegszeit in Gang setzen zu müssen. Am Freitag dann teilte die Polizei mit, dass einer der Gesuchten gefasst wurde. Die beiden anderen hätten sich selbst gestellt. Alle drei befinden sich im Gewahrsam der Polizei.

Die drei festgenommenen Männer sind laut Landeskriminalamt (LKA) Tschetschenen. Der Chef des Landeskriminalamtes Reinhard Chedor sagte, die drei seien zwischen 21 und 25 Jahre alt. „Wir gehen mit großer Wahrscheinlichkeit davon aus, dass es die Personen sind, die gesucht wurden“, sagte er. Hinweise auf einen Terrorplan habe man jedoch nicht. „Ich gehe im Moment davon aus, dass keine konkreten Anschlagspläne vorlagen“, so Chedor weiter. Dies sei allerdings eine vorläufige Einschätzung. Das endgültige Ergebnis der Ermittlungen stehe noch aus.

Die Polizei hält den Zeugen der Unterhaltung, einen Ägypter, für glaubwürdig. Die Beamten sind aber weder beim Durchsuchen einschlägig bekannter Wohnungen und Lokale fündig geworden, noch erkannten sie die Verdächtigen in der Hamburger „Gefährder-Kartei“, in der rund 200 als gewaltbereit geltende Islamisten geführt werden.

Auf der Suche nach den Verdächtigen war zuerst verdeckt vom Staatsschutz ermittelt worden. Am Donnerstagabend dann wurden zwölf Kreuzungen in der Hamburger Innenstadt gesperrt und Kontrollstellen eingerichtet. Arabisch aussehende Autofahrer wurden herausgewunken, ihre Wagen untersucht. Auch Bahnhöfe und Busse hatte man kontrolliert. Gesucht wurde mit Hilfe von Bildern, die eine Überwachungskamera in einem Linienbus von den drei Männern gemacht hatte. Diese waren auch veröffentlicht worden, was zu einigen Hinweisen aus der Bevölkerung führte. Für die gesamte Fahndungsaktion bot das Hamburger Polizeipräsidium fast 1.100 Beamte auf.

Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) sagte: „Ich kann noch nicht beurteilen, ob die Festgenommenen irgendetwas im Schilde geführt haben.“ Es sehe im Moment aber nicht danach aus. „Ich bin dafür, dass man jedem Verdacht nachgeht.“ Man müsse wegen der Bedrohung wachsam sein, solle aber nicht in Panik verfallen.

Hamburgs Innensenator Nagel sagte, noch vor zwei Jahren hätte es eine derart umfangreiche Fahndung nach einem solchen Hinweis nicht gegeben. „Nach den Anschlägen von London ist das etwas anderes“, erklärte der Senator.