Den Scheiß gekauft :
Samstag, beim „ImPort-Festival“ in der Hafencity. Der VIP-Bereich ist größer als ein Fußballfeld, aber trotzdem gut gefüllt. Die Leute sitzen ‘rum und glotzen auf die Elbe. Jetzt stolpern viele los und wollen sich beeilen: Farin Urlaub fängt an zu spielen. Ein junger Mann balanciert acht Energy-Drinks auf einmal vorbei an den Sicherheitsleuten, die den Bereich bewachen.
Draußen drängen die Zuschauer schon vor die Bühne. Ein Festivalticket kostet zirka 40, ein Bier 3,50 Euro. Der Platz ist von Werbebuden umstellt. Mehrere Tausend stehen hier, wo sonst die Autos parken, bevor sie auf die Fähren fahren. Das Festival ist gut besetzt: Ingo Pohlmann, Kid Alex, 2Raumwohnung und Mia spielten schon am Nachmittag, am Abend treten nach Farin Urlaub noch Wir sind Helden und Seed auf.
Ein Werbeteam in blauen Jacken verteilt Accessoires fürs Mobiltelefon. Ungefähr jedem vierten Zuschauer baumelt ein Pass vom Hauptsponsor um den Hals. Die Pässe kommen von einem Mobiltelefon-Konzern, nach dem das ganze Festival benannt ist.
Farin Urlaub findet sein Verhältnis zum Publikum „gespannt“. Hier in der Hafencity will sein Anarcho-Pop nicht richtig zünden. Nur in den ersten Reihen stehen seine echten Fans, tanzen und lachen: über ihn und über den Rest der Veranstaltung. Weiter hinten trotten die Besucher herum, interessieren sich nicht oder schütteln den Kopf, wegen Urlaubs Stänker-Ansagen: „Wenn man die Hände schnell zusammenklappt, ist es das, was wir Musiker gerne nach einem Song hören.“ Er will den Leuten das Klatschen beibringen. „Klugscheißer!“ schreit einer von hinten.
„Alle Festivals sind durchgesponsort“, klären die Helden bei ihrem Auftritt auf. Mittlerweile ist die Sonne untergegangen. Eigentlich hätten sie hier gar nicht gespielt, so Judith Holofernes. Aber jetzt, da sie es tun, will sie ihre Fans vor Schlimmerem bewahren: „Bitte kauft den Scheiß nicht!“ Sie meint Mobiltelefone. Markus Flohr