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Archiv-Artikel

Stuhr baut am Outlet Center weiter

Umstrittenes Einkaufszentrum in Brinkum-Nord wächst – trotz gerichtlichen Baustopps. Mehr Einzelhandel soll kommen. Brinkumer CDU-Bürgermeister: „Wir können nicht ständig die Wirtschaft blockieren“. Bremer CDU-Bausenator verschnupft

Bremen/Stuhr-Brinkum taz ■ Kräne hieven dicke Stahlträger auf die Betonpfeiler, Arbeiter ziehen Mauern hoch: Auf der Baustelle des so genannten Factory Outlet Centers in Stuhr-Brinkum ist von Baustopp nichts zu spüren – obwohl das Verwaltungsgericht Hannover einen solchen in einem Eilverfahren bereits vor zehn Tagen verhängt hat.

Angestrengt hatte das Verfahren der Bremer Bausenator Jens Eckhoff (CDU). Sein Argument: Im Gewerbegebiet Brinkum-Nord dürfe Einzelhandel nur nach Absprache mit Bremen angesiedelt werden. Die Richter in Hannover überzeugte diese Argumentation. Praktische Folgen aber hatte ihr Spruch nicht. Jetzt haben Juristen des Bremer Bauressorts den Landkreis Diepholz förmlich aufgefordert, einen Baustopp zu verfügen. Die Frist läuft heute ab.

Stuhrs Bürgermeister Cord Bockhop sieht sich von alldem nicht betroffen. Auch, dass inzwischen immer mehr Investoren auf dem Gebiet links und rechts der Kattenturmer Heerstraße Einzelhandelsflächen einrichten wollen, ist ihm nur Recht. Eckhoff habe „gute Reklame“ dafür gemacht, spottet der CDU-Fraktionsvorsitzende in Stuhr, Jürgen von Weyhe.

Entsprechende Bauvoranfragen, preist Bockhop die Service-Mentalität seiner Verwaltung, würden binnen Tagen schnell geprüft und dann an den Landkreis Diepholz weitergeleitet. Dort sitzt die zuständige Baubehörde. Die juristischen Bedenken, die jüngst die hannoveraner Richter formulierten, teilt der Stuhrer Bürgermeister nicht. Das Eilurteil in Sachen Factory Outlet Center sei „völlig irrelevant“, die Rechtsauffassung seiner Gemeinde, dass nämlich Einzelhandel in Brinkum-Nord durchaus zulässig sei, gelte nach wie vor und „wird auch entsprechend angewendet“.

Rückendeckung bekommt Bockhop von von Weyhe. Selbstverständlich unterstütze die Gemeinde die geplanten Einzelhandelsprojekte, „da wären wir doch dumm, wenn wir das nicht tun würden“, sagt der. Das Urteil aus Hannover sei zudem gar nicht rechtskräftig, da der Landkreis Diepholz, der formal Beklagte, längst Beschwerde eingereicht habe – in Absprache mit Stuhr, natürlich. Und vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg, ist von Weyhe überzeugt, werde Eckhoff mit der Bremer Position sowieso unterliegen.

Eine Veränderungssperre für das umstrittene Gebiet, wie sie Bremen gelegen käme, schließt Bockhop denn auch kategorisch aus. Wenn der Hansestadt an einer gemeinsamen Lösung für das Gebiet Brinkum-Nord gelegen sei, dann sei es an ihr, darüber mit ihrer Nachbargemeinde zu verhandeln. Ein entsprechendes Gesprächsangebot habe er Eckhoff bereits im Februar unterbreitet. Selbst für die vor wenigen Wochen groß angekündigte Arbeitsgruppe, die über ein gemeinsam betriebenes Gewerbegebiet in Brinkum-Nord verhandeln soll, habe Bremen jedoch noch keinen Termin genannt. Und, so Bockhop: „Wir können nicht ständig die Wirtschaft blockieren.“

Man habe die großen Nachbarn von Anfang an gewarnt, dass der Klageweg ein ungeeignetes Mittel sei, ihre Interessen durchzusetzen, sagt Bockhop. Schließlich sei „kein Bauvorhaben wie das andere“. Soll heißen: „Bremen muss jedes Mal wieder klagen, wenn ihm das nicht gefällt.“ Armin Simon