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Archiv-Artikel

SOUNDTRACK

Stéphanie Sokolinski (Foto) hat als SoKo vor einigen Jahren mit „I’ll kill her“ einen kleinen klapprigen Hit verantwortet, in dem aus Eifersucht resultierender Mord und Totschlag so putzig rüberkam wie das Bauen einer Sandburg, was vielleicht auch an Sololinskis mädchenhaft-naivem Gesang und an ihrem Englisch mit französischem Einschlag lag. Ein wenig reifer schon klingt ihr unlängst veröffentlichtes erstes Album. Fragil im Sound, irgendwo zwischen Akustikballade, orgeligem Indie-Low-Fi-Pop, Beats aus der Dose und orchestraler Liedinszenierung. Dazu eine brüchige, sprechsingende und nicht immer tonsichere Stimme, die aber jetzt sehr viel erwachsener klingt und sehr viel weniger akzentlastig ausfällt. Post-juveniler Schwermut sozusagen. Mi, 10. 10., 20 Uhr, Fliegende Bauten, Glacischaussee 4

Weniger nach französischem Wein (und der ihn umgebenden sonnigen Gegend), mehr nach einer Figur aus Camus’ „Der Fremde“ (und der sie umgebenden Nebelschwaden) klingen die aus Edinburgh stammenden Meursault. Geschäftsgrundlage der nicht eben fröhlich rüberkommenden Schotten um Neil Pennycook sind Introversion und sehr viel Lust am perfekten Arrangement, auf den ersten beiden Alben auch noch der Versuch, Elektronik und Rockinstrumente in einen zwischen Wabern und Aufbäumen wechselnden Wettkampf zu verwickeln. Daneben hängt mal im Hintergrund, mal sich nach vorne drängend, der gerne auch im Falsett angesiedelte Gesang Pennycooks herum. Auf ihrer neuesten Veröffentlichung haben diese komplexeren Bon Iver und eingängigeren Animal Collective die Elektronik allerdings abgeschafft und sich der traditionellen Instrumentierung zugewandt. Banjo, Cello und Klavier rahmen jetzt das Geschehen. Man sollte nicht unbedingt davon ausgehen, dass dies die schöne Grundstimmung der typisch zerklüfteten Popsongs entscheidend verändert hat, die die Band präsentiert. Hat es nämlich nicht. Di, 13. 9., Astra Stube, Max-Brauer-Allee 200, 21.30 Uhr

Jan, das ist doch kein Name für eine Band aus New York. Man weiß ja nicht einmal genau, wie die Mitglieder das aussprechen. Bzw. weiß man doch: Jo – ann – nah. So oder so sind Jan jedenfalls das auf Trio-Größe gebrachte Soloprojekt von Kim Talon, die Eingeweihten noch als Teil des artifiziellen Popduos Eagle & Talon bekannt sein könnte. Im Gegensatz zu jenen geht es hier deutlich bodenständiger und poporientierter zu. Genau genommen fällt einem nach Hören der Platte kein einziger Grund ein, warum Jan nicht bald Eingang in größere Kreise finden sollten. Gleichermaßen inspiriert von den Breeders (stark) und Sleater-Kinney (weniger stark) auf der einen und PJ Harvey auf der anderen Seite, erweisen sich Jan bzw. Talon zumindest als recht perfektes Zusammenspiel von Indie-Attitüde und Spiel mit Laszivität in – siehe Bezugssystem – kritischer Erdung. So, 7. 10., 21 Uhr, Hafenklang, Große Elbstraße 84

The Shondes, das ist übrigens auch ein möglicher Name für eine Band aus New York. Man ist sogar geneigt, ähnliche Referenzen zu nennen. Das Ergebnis allerdings fällt völlig anders aus. Kaum zu überhören ist zunächst, dass The Shondes ihren Hintergrund in der Riot Grrrl-Bewegung besitzen. Dies verweist auf hier zum einen eine Team Dresch-mäßige Rock-Gradlinigkeit, in der alle Songs stets mitreißend nach vorne treiben. Dies verweist zum anderen auf die recht explizite politische Positionierung dieser „beste[n] queere[n], jüdische[n], trans* Rockband aller Zeiten“ (SheWired). Viele Bands wird es in diesem Genre wohl nicht geben, aber mal abgesehen davon: in dieser speziellen Verbindung von Powerpop und (einigen) Klezmer-Elementen bleiben zwei Erkenntnisse hängen. 1. Violine ist „o.k.“. 2. Die Band wird einen live mit Sicherheit schön an die Wand werfen. So, 7. 10., 20 Uhr, Centro Sociale, Sternstraße 2 NILS SCHUHMACHER