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Archiv-Artikel

BERND PICKERT ÜBER WILLKÜRLICHE FESTNAHMEN VON OPPOSITIONELLEN IN KUBA Visionen statt Repressionen

Viel zu häufig gilt in Kuba noch: Wer anders denkt, der kann nur ein Agent der USA sein

Es war eine jener vielen willkürlichen Verhaftungen in Kuba, die der Bloggerin Yoani Sánchez und ihrem Mann Reinaldo Escobar am Freitag widerfuhren. Nach 30 Stunden im Polizeigewahrsam wurden sie im Konvoi nach Havanna zurückgebracht, 700 Kilometer von Bayamo entfernt, wo sie den Prozess um den Tod des Oppositionellen Oswaldo Payá beobachten wollen. Es war die Machtdemonstration eines Staates, der für sich in Anspruch nimmt, vom Volk revolutionär regiert zu werden und der anders als die kapitalistisch-bürgerlichen Variante wahre Demokratie lebt – kanalisiert durch Partei und Massenorganisationen.

Der Prozess in Bayamo ist nach Kubas Recht öffentlich, und das haben auch die Parteizeitung Granma und der regierungsfreundliche Blogger Yohandri, ein semioffizielles Sprachrohr des Staates, behauptet. Nur durfte niemand hinein, dem die Behörden eine kritische Haltung unterstellten.

Das hat mit Demokratie und Rechtsstaat wenig zu tun, sehr viel aber mit fortgesetzter Entmündigung der Bevölkerung. Regierung und orthodoxe Solidaritätskomitees – die immer von „Kuba“ sprechen, wenn sie die Regierung meinen – vergessen in ihrer Berichterstattung über Oppositionelle nie den Hinweis, diese seien entweder von der CIA oder von der US-Vertretung in Havanna finanziert: Wer anders denkt, muss Agent sein.

Ökonomisch ist das kubanische Staatsmodell längst überholt beziehungsweise überholt sich gerade selbst. Es ist an der Zeit, den KubanerInnen endlich auch die Möglichkeit zu geben, sich offen über ihre Visionen für die Zukunft des Landes auszutauschen. Die Kommunistische Partei kann dabei eine wichtige Rolle spielen, und es ist überhaupt nicht ausgeschlossen, dass sie auch in freien Wahlen gut abschneiden könnte. Dazu aber braucht es den Wettstreit der Ideen, die offene Debatte auf Plätzen, in den Medien, ohne Angst, ohne Stasi – und ohne willkürliche Festnahmen, auch wenn sie nur 30 Stunden dauern.

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