: Von Pierer rät Merkel zur Gentechnik
Der Ex-Siemens-Chef soll die Republik mit einem Innovationsrat erneuern – hat aber nur vage Vorstellungen
BERLIN taz ■ Das Kernwort hieß „Verzahnung“. Oder auch „strategische Verzahnung“ – und zwar gleich zwischen Wirtschaft, Politik und Wissenschaft. Dafür soll nun Heinrich von Pierer sorgen. Gestern wurde der ehemalige Siemens-Chef offiziell zum Berater der Kanzlerkandidatin Angela Merkel ernannt. Sie stellte ihn selbst vor, wollte sie doch deutlich machen, dass er ihr persönlich zugeordnet ist.
Berater meint ganz ausdrücklich, dass von Pierer nicht Mitglied des Kompetenzteams wird. Obwohl ihn Merkel wollte. Zwischen den Sätzen scheint deutlich heraus, dass er es war, der einen Ministerposten abgelehnt hat. Die Begründung wirkte ein wenig hilflos: Als Berater könne er „mehr leisten als an anderer Stelle“, einen „besseren Beitrag“ abliefern.
Im Falle eines Wahlsieges wird von Pierer einen „etwa zehnköpfigen Rat für Innovation und Wachstum“ leiten. Viermal im Jahr soll sich das Gremium treffen und zu jeweils einem Drittel aus Vertretern von Wissenschaft, Mittelstand und Großkonzernen bestehen. Die Leitfrage laute, so Merkel, „in welchen Innovationsbranchen Wachstumsschübe zu erwarten sind“.
Die Antwort hatte von Pierer schon parat: Er will sich auf „Bio- und Gentechnik, Energiefragen, Gesundheit, Maschinenbau, Optik, Luft- und Raumfahrt sowie die Automobiltechnik“ konzentrieren. Es ist dies eine Welt der Großkonzerne, in der kleinere Firmen fast nur als abhängige Zulieferer vorkommen. Der FDP fiel daher ein, dass sie lieber einen Unionsberater aus dem Mittelstand gesehen hätte.
Obwohl der 64-jährige von Pierer langjähriges CSU-Mitglied ist, war er auch bisher schon parteiübergreifend als Kanzlerberater tätig. Unter Kohl habe er sich mit „Multimedia-Highways“ beschäftigt. Selbstironisches Lächeln, Schmunzeln im Publikum. Worüber Schröders Innovationsrat beriet, verrät von Pierer gar nicht erst. Aber, so versichert er, die Gremien seien „nicht bedeutungslos“ gewesen. Dennoch erhofft er sich diesmal, dass „man in die konkrete Umsetzung kommt“.
Doch sobald es konkret wurde, wich von Pierer lieber aus. Was er von den Unionsplänen halte, die Mehrwertsteuer von 16 auf 18 Prozent zu erhöhen? „Da fragen Sie besser Frau Merkel.“ Wieder Schmunzeln im Publikum. Also stimmt er tapfer doch noch mit der Union überein, dass „unsere Lohnnebenkosten dringend runtermüssen“.
Und das Steuerkonzept von Kompetenzkandidat Paul Kirchhof, das eine Flatrate von 25 Prozent vorsieht? Dazu fällt van Pierer vor allem ein, dass der designierte Finanzminister „kein blutleerer Intellektueller“ ist. Neben ihm versteift Merkel ein wenig. ULRIKE HERRMANN