: Klare Mehrheit für sechs weitere Jahre Chávez
VENEZUELA Der amtierende Präsident gewinnt deutlich die Wahl gegen seinen Herausforderer Henrique Capriles. Der gesteht die Niederlage vor seinen enttäuschten Anhängern ein. Von Wahlfälschung spricht niemand, auch die befürchteten Gewaltakte bleiben aus
AUS CARACAS JÜRGEN VOGT
„Es war eine perfekte Schlacht und es war ein perfekter Sieg!“ Vom Balkon des Volkes am Präsidentenpalast winkte Venezuelas Präsident Hugo Chávez in die in Rot getauchte Menge. „Heute beginnt ein neues Zeitalter der bolivarianischen Revolution“, rief ein sichtlich zufriedener Hugo Chávez in die Menge. „Wir haben der Welt eine Lektion erteilt“, so der 58-Jährige mit seiner unverkennbar vibrierenden Stimme. Und er dankt der Opposition für „die Anerkennung des Sieges der bolivarianischen Revolution“. Das sei ein Schritt in die richtige Richtung zum friedlichen Miteinander.
Nach der Auszählung von 95 Prozent der Stimmen hatte sich der Amtsinhaber mit knapp 55 Prozent der Stimmen klar durchgesetzt. Sein oppositioneller Herausforderer Henrique Capriles kam auf nur 45 Prozent. Für Chávez ist es der vierte Sieg bei einer Präsidentenwahl in Folge. Seine kommende sechsjährige Amtszeit beginnt im Januar 2013 und endet 2019. Wenn er die Periode gesundheitlich durchsteht, wäre er 20 Jahre im Amt.
Bereits vier Stunden nach Schließung der Wahllokale trat Präsidentin Tibisay Lucena vom Consejo Nacional Electoral vor die Presse und verkündete das Ergebnis. Danach heimste der Amtsinhaber knapp 7,9 Millionen Stimmen und sein Herausforderer 6,4 Millionen ein. Zu der Wahl waren 18,8 Millionen Stimmberechtigte aufgerufen Die Wahlbeteiligung lag bei rund 81 Prozent. Der Wahlverlauf war friedlich. Die befürchteten gewalttätigen Auseinandersetzungen nach der Bekanntgabe des Ergebnisses blieben aus.
Davon dass es ruhig bleiben würde, waren die Chavistas im Nachbarschaftszentrum von Parque Central überzeugt. Und ebenfalls davon, dass ihr Comandante gewinnen würde. Nur über den Vorsprung herrschte Uneinigkeit. Rafael Nuñez, Aktivist der Unidad de Poder Popular, sagte schon vor Schließung der Wahllokale 57 Prozent für Chávez und 43 Prozent für Capriles voraus. „Immer wenn Chávez selbst zur Wahl steht, steigt die Beteiligung seiner Anhängerschaft und er ist nicht zu schlagen.“
Oppositionskandidat Henrique Capriles gestand seine Niederlage ohne Wenn und Aber ein. Bis zum Schluss hatten seine Anhänger mit einem knappen Sieg gerechnet. Dennoch herrschte am Wahlabend in und vor der Wahlkampfzentrale eine gedrückte Spannung. Und als die Titel der spanischen Zeitungen noch vor der offiziellen Bekanntgabe der Ergebnisse den Sieg von Chávez verkündeten, implodierte die Stimmung vollends. Lautlos und frustriert waren die ersten bereits nach Hause gegangen, als Capriles vor die Mikrofone trat. Man müsse verlieren können, um zu gewinnen, sagte der sichtlich enttäuschte 40-Jährige seinen noch anwesenden Anhängern. Immerhin: Die Opposition ist stärker geworden. Bei der letzten Wahl hatte Chávez noch 63 Prozent der Stimmen geholt. Aber die große Jubelfeier auf der Plaza Altamira fiel aus.
Stattdessen brannten die Chávez-Anhänger ein donnerndes Feuerwerk über dem Himmel von Caracas ab, kaum war das Ergebnis bekannt. Und Zufall oder Absicht, die lautesten und buntesten Raketen explodierten minutenlang über Capriles’ Kommandozentrale. Und im Nachbarschaftszentrum kannte der Jubel trotz des erwarteten Ergebnisses keine Grenzen. „Jetzt muss die zweite Phase der Revolution angegangen werden“, so Manuel Mires. Und da muss es auch um die Korruption gehen. Doch dann wird er wortkarg, nur dass sie mit anderen Funktionären darüber im Streit liegen, ist noch zu erfahren. Außerdem drängen die meisten jetzt zur Plaza Bolívar und zum Präsidentenpalast Miraflores.
Von Wahlfälschung war nicht die Rede. Dass die Abstimmung sauber über die Bühne ging, bestätigte Luis Lander vom Observatorio Electoral Venezolano. Die NGO war eine von fünf offiziell zur Beobachtung zugelassenen Organisationen. Ihre Hochrechnung auf der Basis von 350 landesweiten Stichproben „liegt im zulässigen statistischen Abweichungsbereich“, so Lander.
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