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Archiv-Artikel

Jung, links, verdächtig

Nach Anti-Nazi-Demos Jugendlicher suchte Hamburgs Polizei deren Eltern heim. SPD und GAL fragen nach Daten

Die Besuche überraschten: Nach Anti-Nazi-Demonstrationen suchte die Hamburger Polizei das Gespräch mit den Eltern, deren Kinder einen Platzverweis erhalten hatten. „Die erzählten, ich würde ins linkskriminelle Milieu abrutschen“, berichtet eine Gymnasiastin. Den Eltern wurde ein „Anti-Gewalttraining“ für ihre Kinder empfohlen.

Mehrere betroffene 14- bis 17-Jährige hatten sich Mitte August wegen dieser Hausvisite an die taz gewendet. Eine Polizeipressesprecherin erklärte damals, dass für einen Platzverweis keine „Straftat vorausgegangen sein muss“. Nun fragen GAL und SPD in der Hamburger Bürgerschaft nach. Denn bei Platzverweisen darf die Polizei die Identität feststellen. Deshalb will die GAL-Abgeordnete Antje Möller wissen, welche Dienststelle diese Daten der Minderjährigen sammelt, und ob Akten über die Jugendlichen angelegt werden. „Auf welcher rechtlichen Grundlage werden die Daten weitergegeben“ fragt sie weiter, und „nach welchen Kriterien wird über die Ansprache entschieden“.

Auch Luisa Fiedler, SPD-Abgeordnete, will wissen „worauf die Einschätzungen“ beruhen und nach welchen vermeintlichen Auffälligkeiten die „Teilnahme an einem Anti-Gewaltprogramm“ empfohlen wird. Sie möchte auch beantwortet haben, ob die „Jugendlichen darüber informiert“ werden, dass „Zivilcourage gegen Neonazis nicht strafwürdig und die gewaltfreie Wahrnehmung demokratischer Rechte zu begrüßen“ seien.

Kürzlich sollen Polizeibeamte auch junge Neonazis aufgesucht haben. Das „Aktionsbüro Norddeutschland“ berichtet von Besuchen des „Staatsschutz“ oder der „angeblichen Jugendschutzpolizei“. Den rechten Jugendlichen wurde aber kein „Anti-Gewalttraining“ angeboten. Stattdessen, so die Schilderungen, wollten die Besucher mit ihnen über die „rechte und linke Szene“ plaudern. Andreas Speit